Warschau
"Titan" von der Bank rettet Polen

Co-Gastgeber schrammt beim 1:1 gegen Griechenland knapp an einer Bruchlandung vorbei

08.06.2012 | Stand 03.12.2020, 1:24 Uhr

Des einen Freud, des anderen Leid: Während Dimitris Salpingidis (l.) hier seinen 1:1-Ausgleich für Griechenland bejubelte, blieb Wojciech Szczesny nur der enttäuschte Blick zurück. Kurze Zeit später sah der polnische Nationalkeeper sogar Rot - Foto: dapd

Warschau (DK) Was mit einem Turbostart begann, wäre beinahe zu einer Bruchlandung geworden: 45 Minutenlang riss Gastgeber Polen 56 000 Zuschauer im Nationalstadion von den Sitzen, führte 1:0. Am Ende eines nicht hochklassigen EM-Eröffnungsspiels stand es freilich nur 1:1.

Und die Co-Gastgeber mussten sich sogar bei ihrem Ersatztorwart bedanken, dass es überhaupt zu einem Remis gegen die offenbar wieder einmal unterschätzten Griechen gereicht hatte. Eigentlich soll es die EM von Wojciech Szczesny werden. Der 22-Jährige von Arsenal London gilt als Weltklassetorwart, doch er erlebte einen schwarzen Freitag: Kaum geprüft in der ersten Halbzeit, griff er in der 51. Minute bei einer halbhohen Rechtsflanke vorbei und musste am Boden liegend zusehen, wie der Grieche Dimitrios Salpingidis den Ball zum 1:1 ins leere Tor schob.

Und in der 70. Minute war für ihn das Spiel sogar vorbei, denn nach einer zudem mit einem Elfmeter bestraften Notbremse gegen Salpingidis sah der Arsenal-Star die Rote Karte. Für die beiden verbleibenden Gruppenspiele gegen Russland und Tschechien kann sich Szczesny wohl nun etwas anderes vornehmen.

Es war sein Vertreter, der die Polen vor der Niederlage bewahrte: Przemyslaw Tyton wurde eingewechselt, berührte den bereits auf dem Elfmeterpunkt liegenden Ball kurz mit der rechten Hand – und Sekunden später wehrte der „Titan“, der beim PSV Eindhoven spielt und in den Niederlanden als Elfmetertöter bekannt ist, den Schuss von Kapitän Georgios Karagounis mit einer prächtigen Parade ab. In 20 Minuten hatten die Polen trotzdem verloren, was sie sich in einer phasenweise rauschhaften ersten Halbzeit aufgebaut hatten. Mit Überfall-Fußball Marke Polonia Dortmund hatten sie die immer konfuser werdenden Griechen da noch unter Dauerdruck gesetzt. In der 17. Minute war der kollektive Jubelschrei im Stadion ohrenbetäubend: Robert Lewandowski köpfte eine Flanke seines Dortmunder Kollegen Jakub Blaszczykowski ins Tor – Polen hob ab, die EM-Rakete war gezündet.

Weitere Chancen wurden zwar vergeben, doch das 2:0 schien nur noch eine Frage der Zeit – gegen schwache und dezimierte Griechen, die den Bremer Sokratis kurz vor der Halbzeit durch eine Ampelkarte verloren. Durch eine von mehreren umstrittenen Entscheidungen des spanischen Schiedsrichters Carballo.

Warum die Polen ihren stürmischen Rhythmus nicht wiederfanden und in der Abwehr immer anfälliger wurden, muss Trainer Franciszek Smuda schnell ergründen. Denn wer gegen einen angeschlagenen Gegner das Spiel so aus der Hand gibt, wie die Polen, der wird gegen Russland und Tschechien nicht gewinnen können.

Unsicherheiten gingen von Damien Perquis und dem Bremer Sebastian Boenisch aus, nach vorne ging kaum noch etwas. Nur Lewandowski verbreitete noch etwas Gefahr, doch der Dortmunder Star agierte zu eigensinnig. So fiel es den Griechen vergleichsweise leicht, das am Ende sogar verdiente 1:1 über die Runden zu bringen.

Das kompakte Fazit eines packenden Spiels: Die Polen machten aus viel zu wenig, die Griechen machten (wieder mal) aus wenig viel.