Kelheim
"Lotsendienst durch die Ämter"

Förderung der Wirtschaft: Vertreter der Industrie- und Handelskammer suchen Gespräch mit Landratskandidaten

28.04.2016 | Stand 02.12.2020, 19:53 Uhr

Die Wirtschaftsvertreter auf ihrem Rundgang: der stellvertretende BBW-Gesamtleiter Frank Baumgartner (von links), IHK-Gremiumsvorsitzender Michael Gammel, IHK-Geschäftsführerin Regine Sander, Gerlinde Dubb vom BBW, Manfred Fichtl, Christian Wittmann, Hans Zirngibl und Johannes Hofner von der Wirtschaftsförderstelle (KUS) im Landkreis Pfaffenhofen. - Foto: IHK Regensburg

Kelheim (DK) Auch die Wirtschaft in der Region hat ihre Erwartungen an den neuen Landrat. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) wird daher in den kommenden Wochen und Monaten versuchen, mit den Kandidaten der Parteien jeweils einzeln ins Gespräch zu kommen. "Unsere Hauptforderung wird sein, die Wirtschaftsförderung am Landratsamt zu intensivieren", sagte IHK-Gremiumsvorsitzender Michael Gammel nach der jüngsten Sitzung der Unternehmerrunde am Dienstag im Berufsbildungswerk Abensberg der Katholischen Jugendfürsorge (BBW).

Gammel und seine Kollegen in den Chefetagen der Unternehmen verstehen die Wirtschaftsförderung als einen "Lotsendienst durch die Ämter". Ein solcher Service ist aus ihrer Sicht dringend notwendig. "Kleine und mittelständische Betriebe haben nicht ständig mit den Behörden zu tun. "Es ist wichtig, dass die Wirtschaftsförderung die Sprache von Betrieben und Behörden gleichermaßen beherrscht", so der IHK-Sprecher. Als positives Beispiel, wie so etwas funktionieren kann, gilt in Kelheimer Unternehmerkreisen die Wirtschaftsfördergesellschaft (KUS) im Nachbarlandkreis Pfaffenhofen. Dort arbeiten nicht weniger als sieben Mitarbeiter den Betrieben zu, wie Johannes Hofner erläuterte. Im Kelheimer Landratsamt ist dagegen nicht einmal eine ganze Vollzeitstelle für Wirtschaftsfragen besetzt.

Den Dialog mit der Politik, in den die Wirtschaft im Zuge des Landratswahlkampfs eintreten will, bittet Gammel nicht falsch zu verstehen. "Wir wollen nicht in den Wahlkampf eingreifen, sondern den Landratskandidaten die Chance geben, ihre wirtschaftspolitischen Positionen zu erläutern." Regine Sander, die Geschäftsführerin der IHK im Kreis Kelheim, sieht darin den Beginn eines andauernden Austauschs zwischen Politik und Wirtschaft in der Region. "Wir wollen einen langfristigen und partnerschaftlichen Dialog aufbauen", sagt sie.

Forderungen an die Politik gibt es vonseiten der Wirtschaft viele. Da ist zum Beispiel die Verkehrsinfrastruktur. Bei dem Treffen am Dienstag im BBW berichtete der Logistikunternehmer Manfred Jürgen Fichtl aus dem Entwurf des neuen Bundesverkehrswegeplans. So fordert die regionale Wirtschaft die Beseitigung des Engpasses der B 16 zwischen Regensburg und Ingolstadt durch einen dem Bedarf angepassten Ausbau der Bundesstraße. Dasselbe gilt laut Michael Gammel für die B 15 neu und natürlich die B 301 als enorm wichtigen Zubringer zum Flughafen München.

Nicht von Ungefähr trafen sich die Wirtschaftskapitäne zu ihrem Meinungsaustausch im BBW Abensberg. In Zeiten des drohenden Fachkräftemangels ist es wichtig, so viele Jugendliche wie möglich fit für den Beruf zu machen. Wie erfolgreich man auf diesem Gebiet sein kann, verdeutlichte Walter Krug, der Gesamtleiter des BBW, seinen Gästen aus den Chefetagen der hiesigen Unternehmen. 450 Mitarbeiter kümmern sich um 550 behinderte oder benachteiligte Jugendliche, die in 15 Berufsfeldern und 38 anerkannten Berufen ausgebildet werden. Die Erfolgsquote von 70 Prozent der Schüler, darunter auch viele junge Flüchtlinge, die es laut Krug später auf dem freien Arbeitsmarkt schaffen, beeindruckte die Runde der Wirtschaftsvertreter dann doch.

Ein Modell, mit dem diese Klientel in den Arbeitsprozess integriert werden kann, ist die verzahnte Ausbildung mit Betrieben. "Sie können junge Leute heute nicht mehr nur in Lehrwerkstätten ausbilden. Die brauchen betriebliche Praxis", weiß Krug aus langer Erfahrung. Damit liegt er ganz auf der Linie der Unternehmer, wie der Ingenieurdienstleister Michael Gammel bestätigte. "Die im BBW ausgebildeten Leute lernen oft in der Praxis schneller." Man muss ihnen jedoch die notwendige Zeit geben. Daher können die Unternehmen diese Azubis aus dem BBW sechs bis zwölf Monate lang im Betrieb beschäftigen. "Meist wird erst dann klar, ob das der richtige Beruf ist. Kurze Praktika von wenigen Tagen helfen da nicht weiter", sagt Gammel.

Auf diese und andere Themen wird sich die IHK in den kommenden Wochen und Monaten mit ihrer neu eröffneten Geschäftsstelle am Abensberger Stadtplatz konzentrieren. "Wir wollen uns starkmachen für neue Wege in der Gewinnung von Fachkräften und treten für den Ausbau der Infrastruktur ein", sagt Geschäftsführerin Regine Sander. "Leitplanken setzen", nennt das die Wirtschaftsexpertin. Aber auch intern wollen die Unternehmer zwischen Altmühltal und Hallertau im Dialog bleiben, wie IHK-Gremiumsvorsitzender Michael Gammel betont.