Lob Gottes als Lebenselixier

11.03.2007 | Stand 03.12.2020, 6:58 Uhr

Hilpoltstein/Mörlach (HK) Anna-Maria Weth hat gestern ihren 90. Geburtstag gefeiert. Auch in der Hilpoltsteiner Stadtpfarrkirche. Dort ist sie nämlich seit 30 Jahren Organistin – ebenso wie in Mörlach und anderen Orten. "Die Kirchenmusik hält sie am Leben", sagt Pfarrer Franz-Josef Gerner.

Mit einem Lächeln im Gesicht sitzt Anna-Maria Weth am Samstag an der Kirchenorgel in der Mörlacher Kirche St. Hippolyt. Wie eh und je lässt sie ihre Finger zielsicher über die Tasten gleiten – trotz ihrer neun Lebensjahrzehnte, von denen sie fast zwei Drittel die Königin der Instrumente bediente. Davon fast 30 Jahre in Hilpoltstein und Mörlach, weswegen sie am Wochenende nun gleich doppelt geehrt wurde.

Einer Grand Dame wie ihr ist es gestattet, ihren runden Geburtstag schon einen Tag zu früh zu feiern. 90 Jahre wurde sie nämlich erst gestern. In Mörlach wurde aber bereits am Samstag gefeiert: Mit einem Gottesdienst in St. Hippolyt am Nachmittag und anschließendem Sektempfang. Jener fand – im Vertrauen auf den Schöpfer – im Freien statt. A uch er zeigte sich seiner treuen Dienerin wohlgesonnen. "Der liebe Gott schickt ihr die Sonne", sagt e denn auch die ehemalige Kreisbäuerin Maria Helbach. Die Schlossherrin in Mörlach sorgte mit ihrem Team für das Büfett.

Davor jedoch hat sich die Pfarrgemeinde und eine Singgruppe aus Mörlach und Hilpoltstein in St. Hippolyt eingefunden, wo der Gottesdienst im Zeichen der rührigen Jubilarin steht. Sie lässt es sich nicht nehmen, sich selbst an die Orgel zu setzen – auf die angedachte Blaskapelle verzichtet Anna-Maria Weth kurzerhand. Das spricht für beides: Bescheidenheit und ein gesundes Selbstbewusstsein. Die Dame weiß, was sie will, und ist zugleich von Herzen demütig.

Und von einer geradezu ansteckenden Fröhlichkeit, die Hilpoltsteins Stadtpfarrer Franz-Josef Gerner im Gottesdienst ihrer "Begeisterung für die Kirchenmusik" zuschreibt. Weth zu Ehren scheut der Geistliche auch den Vergleich zum Komponisten Haydn nicht, der einst behauptete, dass sich Gottes Lob wie ein roter Faden durch sein Leben zog. Für Anna-Maria Weth als Kirchenmusikerin gelte das ebenso.

Das Orgelspiel scheint in der Tat ihr Lebenselixier zu sein. Denn fast täglich findet man die Dame in den Gotteshäusern von Hilpoltstein, Mörlach oder Heuberg an jenem Instrument sitzen. Vor zehn Jahren hat sie den Führerschein abgegeben und wird seitdem bereitwillig von zahlreichen Helfern chauffiert. "Wer will, dass ich spiele, der soll mich auch abholen", zitiert in Mörlach Kirchenpfleger Karl Brandl die Geehrte. Doch ansonsten lebt Weth völlig eigenständig in ihrer Wohnung in Hilpoltstein – für eine 90- Jährige durchaus außergewöhnlich. Eine Lebensenergie, die hörbar wird, wenn sie an der Orgel sitzt. "Sie fordern die Gemeinde durch ihr rasantes Spiel heraus", lobt Gerner verschmitzt. Sie hat einen eigenen Stil – im Leben wie in der Musik.

Die als Anna-Maria Waldmüller geborene Meckenhausenerin ist gelernte Krankenschwester und hat es in ihrem Beruf zur Oberin in einem Fürther Altenheim gebracht. München hieß eine weitere Station ihres langen Lebens. An beiden Orten griff sie in die Orgeltasten, bis sie 1978 wieder nach Hilpoltstein in heimatliche Gefilde zog. Dort spielt sie jenes kirchliche Instrument seit nunmehr 30 Jahren.

Seit 1998 in Mörlach ein Organistenposten frei geworden ist , ist sie pfarrgemeindlich nun in St. Hippolyt zuhause. Ihre Spielfreude scheint unerschöpflich. Selbst ein Armbruch konnte sie nur kurzfristig am Musizieren hindern. Das Orgelspiel selbst ist ihr Freude genug – und so lehnt sie in am Gottesdienst in Mörlach sogar einen Strauß Blumen ihr zu Ehren ab, nimmt aber dankbar einen Geschenkkorb aus den Händen von Brandl und Gerner entgegen – ohne Alkohol, den sie Zeit ihres Lebens nicht anrührte. Auch die Ständchen der Singgruppe am Empfang lässt sie sich gerne gefallen.

Indes zieht ihr eigenes Können weitere Kreise: Der Hilpoltsteiner Organist Otto Mayer hat bei ihr gelernt – und war mittlerweile bereits bei zwei Fernsehgottesdiensten zu sehen.