Schrobenhausen (oh) „Der nächste Morgen war ein schaler Sonntagmorgen, die Welt hatte eine belegte Zunge und zugeschwollene Augen.“ – So beschreibt Reinhold Ziegler im Roman „Überall zu Hause, nirgendwo daheim“ die Dorfmüdigkeit seiner Figuren. Sie sind im Spessart geboren oder gestrandet, und immer wieder drängt sich ihnen die Frage auf: Ist es in Berlin besser? Wäre das Leben dort ein anderes?
Julika, die Erzählerin aus „Hausers Zimmer“ von Tanja Dückers dagegen streift durch Berlin – und will nach Patagonien. Gleichzeitig hat sie aber auch ein sehr nahes Sehnsuchtsziel: Nacht für Nacht, wenn im Haus gegenüber das schwache, orangerote Licht angeht, steht die Tochter eines Kunstkritikers am Fenster und blickt in das Zimmer von Peter Hauser, einem Motorradrocker. Mit ihrer Stadt verbindet sie keineswegs großstädtische Hektik, sondern im Gegenteil eine eigenartige Trägheit, möglicherweise hervorgerufen vom Sackgassengefühl der Bewohner. Denn der Roman spielt Anfang der Achtzigerjahre in Westberlin. Darzustellen, wie politische und gesellschaftliche Verhältnisse in das Leben verschiedener Menschen hineinwirken – das ist eine Kunst, die Tanja Dückers und Reinhold Ziegler gleichermaßen souverän beherrschen.
Am Samstag, 26. Juli, um 20 Uhr eröffnen die beiden mit Lesungen aus ihren Romanen den Literarischen Sommer Schrobenhausen, das Abendprogramm der Literaturakademie. Der Eintritt zu dieser Veranstaltung im Schrobenhausener Pflegschloss, Am Hofgraben 3, ist frei.
Im Anschluss an die Lesung geben die Autorin und der Autor im Werkstattgespräch Auskunft über ihr Schreiben und beantworten gerne die Fragen der Zuhörer. Das gesamte Programm des Literarischen Sommers Schrobenhausen bis zum 30. Juli finden Interessierte auf www.schrobenhausen.de unter Tourismus/Kultur – Aktuelles.
