Schernfeld
Leni und ihre Lämmchen

Erfolgreiches Meisterprojekt eines Schernfelder Jungschäfers: Eine Kuh übernimmt die Mutterrolle

19.05.2020 | Stand 02.12.2020, 11:19 Uhr
  −Foto: Bauer

Schernfeld - Kann eine Kuh mutterlose Lämmer aufziehen?

Das wollte der Schernfelder Jungschäfer Johannes Eichhorn (24) wissen und hat diese Thematik für sein Schäfermeister-Arbeitsprojekt ausgewählt. Die Prüfungskommission, der er seine Idee vortrug, war allerdings sehr skeptisch. Sie riet ihm davon ab, sich darauf einzulassen: "Das wird nicht klappen", meinte sie. Dennoch, Johannes war guter Dinge, kaufte sich eine Kuh und startete das Projekt, um herauszufinden, welche Aufzuchtmethode von Problemlämmern die beste sei. Ein Jahr hat er nun an diesem Projekt hingearbeitet. Lief es erfolgreich?

Doch der Reihe nach: In der Schäferei Eichhorn kommen im Frühjahr an die 500 Lämmer zur Welt. Im Herbst sind es nochmals über 300. Da passiert es immer wieder, wie Johannes Eichhorn erklärt, dass es "Problemlämmer" gibt. Oft produzieren die Muttertiere zu wenig Milch, um zum Beispiel Zwillinge großzuziehen. Oder Jährlingsschafe nehmen ihre Lämmer nicht an, weil ihnen der Mutterinstinkt fehlt. Oder die Muttertiere überleben die Geburt nicht: Ursachen für "Problemlämmer" gibt es viele.

Meisteranwärter Eichhorn bildete also zunächst drei Versuchsgruppen, um durch Vergleiche der relevanten Ergebnisse eine geeignete Vorgehensweise für die Problemlämmer des elterlichen Betriebs zu finden. Sie sollte möglichst wenig Zeit in Anspruch nehmen, die Entwicklung der Lämmer fördern und wirtschaftlich rentabel sein.
Bei der ersten Gruppe, der sogenannten Kontrollgruppe, wurden insgesamt zwölf Lämmer direkt am Muttertier großgezogen. Für die zweite Gruppe wählte Johannes die "ad libitum-Tränke", eine künstliche Aufzuchtmethode von Problemlämmern mit einer Kaltsauertränke.

Und dann war da noch die Kuh Leni. Sie ist eine Jersey-Kuh, ist sieben Jahre alt und stammt aus einem Milchviehbetrieb. Diese Rasse, so schreibt Johannes in seiner Arbeit, eigne sich besonders gut für das Projekt, weil es eher kleinere Rinder mit einem sehr ruhigen Wesen sind. Außerdem sind die Eiweiß- und Fettwerte der Milch vergleichbar mit der Milch von Merinolandschafen.

Als Johannes zehn Lämmer im Alter von einem Tag der Kuh zuführte, hatte er natürlich zunächst große Sorge: "Wird Leni die fremden Kinder annehmen? Wird sie die Lämmer tretet und sie verletzen? Vielleicht sind die Zitzen zu groß, so dass die Lämmer nicht saufen können? " Die Spannung war groß, doch die Sorgen haben sich gleich am ersten Tag gelegt. Johannes erinnert sich noch ganz lebendig an den glücklichen Moment: "Die Lämmer stürmen sofort an das Euter der Kuh und trinken. Leni bleibt stehn und beginnt das Wiederkäuen. "
Nach einem Jahr wertet Johannes Eichhorn nun die Protokolle über Gewichtszunahme, Frohwüchsigkeit und Wirtschaftlichkeit, der Arbeitsaufwand inbegriffen, aus: Die Aufzucht der Lämmer durch die Mutterschafe ist natürlich die optimale Variante - das war auch so zu erwarten.

Nun ging es um den Vergleich zwischen "ad libitum-Kaltsauertränke" und dem Beitrag von Leni. Die Aufzucht durch die Kaltsauertränke funktioniere zwar, schreibt Johannes in seiner Arbeit. Sein Projektergebnis spricht aber eindeutig für die Aufzucht von Problemlämmern durch eine Kuh: "Leni nahm die Lämmer von Anfang an gut an. Sie haben schnell gelernt, entwickelten sich sehr gut und waren ähnlich wie beim Muttertier sehr frohwüchsig. Der Arbeitsaufwand war bei dieser Gruppe sehr gering. " Den Vorteil dieser Aufzuchtmethode sieht der Jungschäfer auch darin, dass die Lämmer so oft, wie sie wollen, trinken können und 24 Stunden Zutritt zum Euter haben. Außerdem ist die Temperatur der Milch immer optimal und bewahrt die Lämmchen vor Blähungen und Durchfällen. Das Fazit von Johannes Eichhorn ist also eindeutig: "Für unseren Betrieb ist die Aufzucht der Problemlämmer durch Kühe die sinnvollste Variante. " Leni wird jetzt nicht die einzige Kuh auf dem Hof der Schäferei Eichhorn bleiben.

EK