Ingolstadt
Lebenskluge Plaudertasche

Tina Teubner seziert in der Neuen Welt vergnügt unseren Alltag

03.04.2012 | Stand 03.12.2020, 1:38 Uhr

Ingolstadt (DK) Sie hat einfach Recht: Die Papiertüten beim Biohändler sind nie reißfest, beim Stau auf der Gegenfahrbahn überwiegt Schadenfreude statt Mitleid, Männer schweigen eher als dass sie den Mund aufkriegen – und Tina Teubner weiß aus eigener Erfahrung, dass stille Wasser nicht nur tief sind, sondern „verschlossene Schränke auch leer sein können“.

Vergnügliche Wahrheitssuche im stolperfallenreichen Alltag und konfliktanfälligen Miteinander haben die Kölner Kabarett-Queen und ihr Kompagnon am Klavier, Ben Süverkrüp, in der Neuen Welt präsentiert. Und das alles nicht bedenkenträgerisch allwissend oder bedrohlich klischeekistennah. Die charmante Chansonette ist entwaffnend süffisant und wunderbar überraschend.

Tina Teubner sinniert im verbal-musikalischen Schlagabtausch oder hintersinnigen Duetten mit Süverkrüp über allerlei, was Leben verkompliziert, erheitert oder atmosphärisch aus dem Gleichgewicht bringt: Rotweinverächter und „Wiener Schauspielschabracken“, Bewegungsfanatiker im Akkord oder den beängstigenden Perfektionismus von Ursula von der Leyen, Erfolgsdruck statt Gelassenheit – und stellt die hochmoralische Frage: „Würden Sie im Tagebuch Ihres Partners lesen“

Dabei zieht die lebenskluge Plaudertasche ihren Spaß nicht wie manch anderer ihrer Kollegen aus der billigen Häme über die Schwächen der Anderen. Teubner integriert in ihre Rundumlebensphilosophie selbstironisch auch die eigenen Befindlichkeiten („Du bist wie Deine Mutter“). Und zwischen die treffenden Beobachtungen streut das eingespielte Duo intelligente Absurditäten und blanken Unfug als selbst gesetzten Bildungsauftrag: Süverkrüp etwa ein vom Musical „Hair“ inspiriertes Bachsches Potpourri, und Tina Teubner wirft schwungvoll einen Edamer auf den Boden: „der fliegenden Holländer“.

Tina Teubner kann aber auch anders: nachdenkliche und poetische Töne anstimmen. Und so ist ein Abend mit den beiden ein bisschen wie das Leben selbst: heiter, melancholisch, abstrus – und immer für eine Überraschung gut.