St. Bartlmä
Leben rund um ein Kirchlein

Der Dietfurter Ortsteil St. Barlmä zählt vier Einwohner - und kann auf eine lange Geschichte zurückblicken

20.12.2020 | Stand 25.12.2020, 3:34 Uhr
  −Foto: Patzelt

St. Bartlmä - Malerisch liegt am Flusslauf der Wissinger Laber zwischen Dietfurt und Breitenbrunn St. Bartlmä.

Obwohl das Gehöft laut der Statistik der Stadt Dietfurt vom 31. Dezember 2019 lediglich vier Einwohner zählt, soll es in unserer Dorfserie natürlich nicht ausgespart werden. Kann doch St. Bartlmä aufgrund seiner ehemaligen Jagdkapelle, die von einem Bauernhof umgeben ist, auf eine lange Geschichte zurückblicken.

Der heilige Bartholomäus ist nicht nur Namensgeber des kleinen Dietfurter Ortsteils, sondern auch der Patron des Kirchleins. Das Fest des Kirchenheiligen wird am 24. August gefeiert. Bartholomäus ist ein Apostel, der im Neuen Testament nur in der Apostelgeschichte genannt wird. Er soll Anfang des ersten Jahrhunderts in Kana in Galiläa gelebt haben. Der Gedenktag erinnert an die Übertragung der Reliquien auf die italienische Insel Lipari bei Sizilien und nach Benevento in der Region Kampanien. Um das Jahr 983 ließ sie Kaiser Otto II. nach Rom übertragen. Die Gehirnschale des Heiligen wird im Frankfurter Kaiserdom aufbewahrt. Der Heilige gilt als Schutzpatron der Bauern, Schäfer, Fischer, Schneider, Bäcker und Metzger.

Bis zur Gebietsreform am 1. Januar 1972 gehörte St. Bartlmä zur ehemals selbstständigen Gemeinde Wildenstein. Der Eingemeindungsbeschluss in die Sieben-Täler-Stadt erfolgte am 13. April 1971 unter dem Bürgermeister Eugen Lizius, der dieses Amt neun Jahre lang, vom 14. November 1962 bis zum 31. Dezember 1971, bekleidete.

Das kleine Bartholomäus-Kirchlein geht nahtlos in die landwirtschaftlichen Gebäude und Stallungen der Familie Dinfelder über, die den Betrieb seit mindestens vier Generationen betreibt. Die Kapelle wird erstmals im zwölften Jahrhundert erwähnt. Die Herren des nahe gelegenen Schlosses Wildenstein hatten sie als Jagdkapelle bauen lassen. Die Freiherren und Grafen von Wildenstein werden bereits 1270 in einem Schriftstück über die Teilnahme an Turnieren in Regensburg, Schweinfurt, Darmstadt und Worms erwähnt. Sie waren im Mittelalter ein mächtiges Geschlecht, das weite Gebiete bis ins Fränkische hinein beherrschte.

Das Gotteshaus ist als romanisches Bauwerk angelegt - ein Saalbau mit eingezogenem Rechteckchor und Giebelreiter. Schwer beschädigt wurde die Kapelle in den Wirren des Dreißigjährigen Krieges von 1618 bis 1648. Die Schlossherren von Wildenstein ließen sie 1692 in leicht veränderter Form wieder errichten. Dass es sich um eine ehemalige Jagdkapelle handeln muss, wird durch die Darstellung des heiligen Hubertus auf dem rechten Seitenaltar deutlich. Laut Legende wurde Hubertus von Lüttich auf der Jagd von einem Hirsch mit einem Kreuz zwischen dem prächtigen Geweih bekehrt. Deshalb ist der Heilige auch Schutzpatron der Jäger. Der Altar auf der linken Seite zeigt den Drachentöter, den heiligen Georg. Der Hauptaltar wird von der Darstellung des Kirchenpatrons geprägt. Die schlichten Altäre im vergleichsweise hohen Innenraum stammen aus dem 17. Jahrhundert.

In alten Aufzeichnungen ist nachzulesen, dass sich früher in der Nähe der Kapelle eine Eremiten-Klause befunden hat. Am Bach, der am landwirtschaftlichen Gebäude vorbei fließt, soll man in früheren Jahren das Klappern einer Mühle vernommen haben. Es wird auch berichtet, dass in der Mühle der Stoff für die Kutten der Dietfurter Franziskanermönche gewalkt wurde. Durch die verschiedenen Vorgänge der Bearbeitung, die das Walken beinhaltete, entstanden Textilien, die enorm stabil und belastbar waren. Die Kleidung bot so einen Schutz gegen eindringende Kälte, Wind und Nässe. Außerdem knitterte sie kaum und war sehr pflegeleicht.
Die Wohn- und Wirtschaftsgebäude rund um das Kirchlein gehen wahrscheinlich auf die Bediensteten des Wildensteiner Schlosses zurück.

Eine Votivtafel in der Kapelle berichtet vom tragischen Unglücksfall einer Bauernfamilie. Es war der Heilige Abend des Jahres 1886, als drei Kinder beim Brand eines Gebäudes neben der Kapelle starben - das Gotteshaus blieb jedoch von der Feuersbrunst verschont. In der kernromanischen Anlage befindet sich ein Kreuzweg. Der Heimatpfleger und Ehrenbürger Franz Kerschensteiner vermutet, dass es sich dabei um Radierungen oder Stahlstiche aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts handelt. Der Künstler der hervorragend ausgearbeiteten Darstellungen ist allerdings unbekannt, da keine Signatur vorhanden ist.

Vor allem Gruppen von Kommunionkindern kommen des Öfteren vorbei, um die Bilder der Kreuzwegstationen zu betrachten und das eine oder andere Gebet zu sprechen. Christus wird auf den Bildern stets durch seinen blauen Mantel und sein rotes Gewand hervorgehoben - der Rest ist größtenteils in Schwarz-Weiß gehalten. Die intensiv gestalteten Stationen zeigen Christi Leidensweg hin zur Kreuzigung auf dem Berg Golgotha. Filigran ausgearbeitet sind die Schatten der Personen und Gegenstände.

Im aufgesetzten Türmchen rufen zwei Stimmen Gottes die Gläubigen zum Gebet. Es handelt sich dabei um ein zweistimmiges, kleines Terz-Geläute. Die beiden Glocken wurden 1697 von Gordian Schelchshorn in Regensburg gegossen. Die Glockengießerei Schelchshorn gehörte der bedeutenden Glockengießerfamilie in Regensburg. Sie prägte jahrzehntelang die barocke Glockengeschichte des nordöstlichen Bayerns. Die bekannteste Glocke von Johann Gordian Schelchshorn ist die Große Fürstin des Regensburger Domgeläuts. Sie wurde 1696 gegossen und ist damit lediglich ein Jahr älter als die Stimme Gottes im Kirchlein von St. Bartlmä. Mit Gordian Schelchshorn endete auch die Tradition der Glockengießerfamilie in Regensburg.

Die Kapelle steht zwar auf Kirchengrund, rings herum liegt jedoch das Land der Familie Dinfelder. Das Gotteshaus gehörte ursprünglich zur Pfarrei Eutenhofen. Vor 45 Jahren erfolgte die Eingliederung in die Pfarrgemeinde Dietfurt und St. Bartlmä wird seitdem vom Stadtpfarrer mit betreut. Wenn es Corona zulässt, füllt sich die Kapelle zweimal im Jahr mit Gottesdienstbesuchern. Dies ist beim Bittgang der Pfarrei Dietfurt am Tag Christi Himmelfahrt und am 24. August, dem Tag des Patroziniums. Der alljährliche Bittgang und die Messe zum Namenstag des Kirchenpatrons wurden vom Dietfurter Stadtpfarrer Karl Strehle eingeführt. An den beiden Tagen sind nicht nur die Bewohner des Labertals, sondern auch Gottesdienstbesucher aus den Nachbarorten gern gesehene Gäste. Sie zeigen damit ihre enge Verbundenheit zu einer der ältesten Kirchen im Dietfurter Gemeindebereich.

Das Labertal ist nicht nur ein Dorado für Wanderfreunde, sondern auch für Fahrradfahrer. Die Radler können dazu seit Kurzem den neu angelegten Radweg von Dietfurt nach Breitenbrunn benutzen.

Nachdem im Herbst die Ortssprecherwahlen in Eutenhofen für Wildenstein gescheitert waren, fehlt auch den vier Bewohnern von St. Bartlmä ein Sprachrohr im Dietfurter Stadtrat.

pa