Riedenburg
Landtagsluft in der Drei-Burgen-Halle

09.05.2011 | Stand 03.12.2020, 2:51 Uhr

 

Riedenburg (uke) Was macht eigentlich ein Landtagsabgeordneter? Wie kommt ein Gesetz zustande? Was ist eine Fraktion? Diese und andere Fragen um die Landespolitik beantwortet das Planspiel Landtag. Gestern fand es zum ersten Mal an der Staatlichen Realschule in Riedenburg statt.

Einen ganzen Schulvormittag lang war die Drei-Burgen-Halle für das Planspiel gesperrt. Zwei zehnte Klassen nahmen daran teil. Für die Schülerinnen und Schüler der 10a und 10b war somit statt dem üblichen Lernen einmal "Politiker spielen" angesagt. Sie durften über einen realitätsnahen Gesetzesentwurf der CSU zur Bekämpfung der Jugendkriminalität beraten – und diesen nach der 2. Lesung im Plenum beschließen, nachdem die Jungparlamentarier diesen Entwurf zuvor in verschiedenen Fraktionen und Ausschüssen diskutiert und geformt hatten.

Seit 2008 gibt es das Planspiel Landtag. Entwickelt hat es das Centrum für angewandte Politikforschung der Ludwig-Maximilians-Universität (CAP) zusammen mit dem Landtagsamt München. Nach Angaben von Silke Mühe vom CAP nutzen jährlich 80 Schulen diese Möglichkeit, das politische Wissen der Jugendlichen zu erweitern und gleichzeitig ihr Interesse an Politik zu wecken.

"Wir bieten das Planspiel an allen Schultypen im Freistaat an, paritätisch auf alle Regierungsbezirke verteilt", so Mühe. Es sei eine ideale Ergänzung zum Sozialkundeunterricht und eine Kombination von "Wissensvermittlung und eigener Erfahrung".

Vor allen an Gymnasien

Nachgefragt werde das Planspiel in erster Linie von Gymnasien. Nach Riedenburg an die Staatliche Realschule geholt hatte es Studienrätin Christine Gschwendtner in Zusammenarbeit mit der Fachschaft Sozialkunde. "Da nicht alle Klassen nach München ins Maximilianeum fahren können", so Gschwendtner, sei es eine hervorragende Möglichkeit, den Sozialkundeunterricht optimal zu ergänzen.

Das CAP-Team unter der Leitung von Bernd Knüfer erklärte anschaulich, wie Politik gemacht wird. Der Verlauf des Planspiels sei eng an tatsächliche politische Abläufe angelehnt, betonte Knüfer, Referent der Forschungsgruppe Jugend und Europa. Wie bei einer richtigen Plenarsitzung wurden die Teilnehmer den fünf Parteien zugeteilt, die aktuell in München Landespolitik machen. Wie im richtigen Leben stellten die Schülerinnen und Schüler mit dem Aufkleber der CSU den größten Block. Es wurde diskutiert, debattiert, dazwischengerufen und schließlich abgestimmt. Und wie bei einer richtigen Debatte gab es auch hier einen eigenes Presseteam, das die Redebeiträge mit Stift und Kamera begleitete.

Der fiktive CSU-Vorschlag sah vor, weitere Jugendrichter und Staatsanwälte einzustellen, um die Gerichtsverfahren gegen jugendliche Straftäter zu beschleunigen. Den Gesetzesentwurf mussten die Schüler dann, ganz wie in der realen Politik ändern und ergänzen, etwas streichen und darüber abstimmen – bis schließlich das neue Gesetz stand.

"Bei diesem Projekt wird vielen Teilnehmern klar, wie langwierig und schwierig politische Entscheidungsprozesse oft sein können", so Mühe. Außerdem könnten sie beim Planspiel Landtag erkennen, dass man sich engagieren müsse, um im Leben etwas zu erreichen, dass es sich lohne, sich für etwas einzusetzen.

Höhepunkt und Abschluss des Vormittags war der Besuch einiger Landtagsabgeordneten aus dem Landkreis Kelheim oder dem Regierungsbezirk. Bereits im Vorfeld zugesagt hatte Johanna Werner-Muggendorfer (SPD) aus Neustadt. Außer ihr nahmen sich Andreas Fischer (FDP) die Zeit für einen Kurzbesuch in Riedenburg und Hubert Aiwanger aus Rottenburg. Auch der Bundeschef der Freien Wähler hat ein Mandat im Landtag. Sie stellten sich zunächst vor und schilderten kurz ihren Werdegang. Von Werner-Muggendorfer erfuhren die Jugendlichen zum Beispiel, dass sie gelernte Erzieherin ist, selbst eine Realschule – die in Abensberg – besucht hat und dass sie dort schon ihr Interesse an der Politik entdeckte. Werner-Muggendorfer nannte ihre Tätigkeit, die sie nun schon seit 20 Jahren ausübt, einen "tollen Beruf".

Dann standen die Politiker für Fragen der Schüler bereit: So wollten jemand wissen, ob es generell möglich sei, die Partei zu verlassen und in eine andere Fraktion zu wechseln. Alle drei Abgeordneten meinten, dass dies kaum der Fall sei, da ja man in der Regel eine "Grundüberzeugung" vertrete, und die könne man nicht so einfach wechseln "wie ein Unterhemd", wie Werner Muggendorfer zur Erheiterung des jungen Publikums meinte.

"Entsetzlich"

Weitaus ernster wurde es im Saal, als alle Fragen von Seiten der Schüler gestellt waren und einer der aktuell 20 Referendare der Johann-Simon-Mayr-Realschule die teilweise prekäre Anstellungssituation für Junglehrer ins Gespräch brachte. Werner-Muggendorfer nannte die Situation "wirklich nicht lustig" und "entsetzlich". In dieser Sache ging sie mit FW-Chef Aiwanger konform, der sich vorstellen konnte, die Durchlässigkeit für Lehrer zwischen den einzelnen Schultypen zu erhöhen. Der Realschule insgesamt prognostizierte er eine positive Zukunft. Sie genieße – im Gegensatz zur Hauptschule – das Vertrauen der Eltern und werde auf jeden Fall ihre Schülerzahlen halten können. Dass die Lehrer, die im Freistaat mit Steuergeldern ausgebildet worden sind, auch eine Anstellung bekommen sollten, da waren sich die Abgeordneten einig.