Kommentar
Kuntz sollte beim Nachwuchs bleiben

26.06.2019 | Stand 23.09.2023, 7:33 Uhr

Die U 21-Nationalmannschaft macht bei der Europameisterschaft in Italien und San Marino derzeit viel Spaß. Halbfinaleinzug, viele Tore und gute Leistungen – als Vater des Erfolgs gilt zu Recht Cheftrainer Stefan Kuntz.

Schon bei der EM 2017 gewann er mit der U 21 das Turnier. Sollte ihm die Titelverteidigung gelingen, würde der Ruf nach größeren Aufgaben noch lauter als ohnehin schon. Ist Kuntz einer für die Nachfolge von Bundestrainer Joachim Löw? Tatsächlich wäre solch eine Beförderung das falsche Signal.
Es ist zwar schön und auch erstrebenswert, wenn der DFB im Jugend-Bereich Titel gewinnt, bei den Junioren geht es aber in erster Linie um andere Faktoren. Nachwuchskräfte sollen in den U-Nationalteams Wettkampfpraxis sammeln, sich an internationales Niveau gewöhnen und Fehler machen dürfen. Es müssen auch Spieler eine Chance erhalten, die körperlich noch nicht so weit sind wie ihre Alterskameraden. Diese Erfahrungen sind wichtig, um später im Profibereich für den harten Ergebnissport gerüstet zu sein. 
Für die Spieler sind die Junioren-Nationalteams eine wichtige Bühne. Wenn  die Trainer die U-Mannschaften aber als Sprungbrett nutzen wollen, dann beginnt der Ergebnissport eine Ebene tiefer – und die Ausbildung wird dem Erfolg womöglich untergeordnet.

Beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) haben sie solche Dynamiken scheinbar erkannt. In jeder Juniorennationalmannschaft soll es künftig drei Trainer geben. Einen Typ Ex-Profifußballer, einen, der über die akademische Schiene kommt, und einen Altersspezialisten. Und dennoch: Will der Cheftrainer sich für eine Anstellung in der Bundesliga empfehlen, wird er sich über den Rat eines Assistenztrainers hinwegsetzen. Der DFB wäre also gut beraten, auf Junioren-Nationaltrainer wie Horst Hrubesch zu setzen. Dem schlägt zwar hauptsächlich wegen des EM-Titels 2009 als Coach der U 21-Nationalmannschaft mit einigen späteren Nationalspielern und Weltmeistern Respekt entgegen, viel wichtiger war aber, dass sich Hrubesch der Ausbildung von Nachwuchsspielern verschrieb und durch Kontinuität dafür beste Voraussetzungen schuf. Wenn ein Junioren-Nationaltrainer wie Stefan Kuntz also Erfolg hat, talentierten Nachwuchskräften zum internationalen Durchbruch verhilft und offensichtlich zur Jugend einen motivierenden Draht findet, sollte die Forderung eher sein: Auf keinen Fall Bundestrainer werden oder das Traineramt bei einem Bundesligisten anstreben – sondern möglichst lange die Zukunft des deutschen Fußballs mitgestalten.

Christian Missy