Kelheim
Kritik an zu niedrigen Löhnen

27.04.2011 | Stand 03.12.2020, 2:53 Uhr

Mächtige Bleche werden in der Firma Kosik in Kelheim gebogen. Anlässlich des Gewerkschaftsempfangs führte Firmenchef Alexander Kosik (rechts) Landrat Hubert Faltermeier (3. von rechts) sowie zahlreiche Personal- und Betriebsräte durch sein Unternehmen. - Foto: Rast

Kelheim (rat) Deutliche Kritik an Lohndumping, Leiharbeit und der Rente mit 67 Jahren hat der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) beim Gewerkschaftsempfang des Landrats in der Kelheimer Firma Kosik geübt.

"Obwohl die Wirtschaft brummt, glauben 80 Prozent der Deutschen, dass der Aufschwung an ihnen vorüber geht", erklärte der DGB-Kreisvorsitzende Christian Dietl.
 

Landrat Hubert Faltermeier (Freie Wähler) verwies bei dem Treffen am Dienstagabend im Kelheimer Metallbau-Unternehmen Kosik dagegen auf die hervorragenden Arbeitslosenzahlen im Kreis. Im März habe die Erwerbslosigkeit im Landkreis nur 3,6 Prozent betragen. Deutschlandweit läge dieser Faktor mehr als doppelt so hoch. "Der Kreis Kelheim ist einer der wirtschaftlich leistungsstärksten Landkreise in Niederbayern und weist hohe Zukunftschancen auf", betonte Faltermeier vor über 30 Betriebs- und Personalräten.

Dies sei auch Resultat einer aktiven Wirtschaftsförderung. Regelmäßig informierten sich die Wirtschaftsförderstelle im Landratsamt und er selbst bei Betriebsbesuchen über die Probleme in den Unternehmen. Erst im April habe man einen Existenzgründertag für junge Unternehmer und den Girls’ Day für künftige Auszubildende organisiert. Für den Juni kündigte der Landrat eine spezielle Ausbildungsmarktkonferenz an.

Christian Dietl, der Kreisvorsitzende des DGB, relativierte den Aufschwung am Arbeitsmarkt. Auch im Kreis Kelheim gebe es zu viele Leiharbeiter, kritisierte er. Diese "Beschäftigten zweiter Klasse" hätten im Durchschnitt 55 Prozent weniger Lohn als ihre fest angestellten Kollegen. "Leiharbeiter sollten genauso viel verdienen wie Festangestellte", forderte Dietl. Er verlangte, dieses "Dilemma" durch mehr staatliche Regulierung aus der Welt zu schaffen. Der Gewerkschaftsfunktionär wies darauf hin, dass diese Art von Lohndumping im Alter eine zusätzlich zu zahlende Grundsicherung nötig mache, die vom Steuerzahler aufgebracht werden müsse.

Massive Zweifel hegte Dietl zudem am Sinn der Rente mit 67. Er berichtete von einer DGB-Umfrage in Metallunternehmen der Region. Von fast 12 000 Beschäftigten seien nur 165 über 60 Jahre alt gewesen. Das seien gerade 1,4 Prozent. Allerdings sei bei dieser Zahl zu bedenken, so Dietl weiter, dass von diesen 165 Arbeitnehmern rund zwei Drittel bereits in der Altersfreistellung gewesen seien. Tatsächlich liege in den befragten Firmen der Anteil der aktiven Angestellten mit über 60 Jahren bei verschwindend geringen 0,4 Prozent.

Außerdem plädierte Dietl für einen schnellen und sozialverträglichen Ausstieg aus der Atomkraft. Durch den Ausbau regenerativer Energien könnten eine Million Arbeitsplätze geschaffen werden. "Die Atomkraftwerke in Ohu liegen nur 55 Kilometer Luftlinie von Kelheim entfernt. Auch wir wären von einem Gau betroffen", befürchtete Dietl. Deshalb dürfe der Meiler Isar I nie mehr ans Netz gehen, forderte der DGB-Funktionär.