München
Kritik an bayerischem Sonderweg

Grüne und SPD: CSU-Flüchtlingspolitik geht zulasten der Wirtschaft und behindert die Integration

15.11.2016 | Stand 02.12.2020, 19:03 Uhr

Asylbewerber aus Eritrea warten in Erding auf ihre Registrierung. Sie kamen gestern mit einem Flugzeug aus Italien an. - Foto: Stache/AFP

München (DK) Die Grünen werfen der Staatsregierung eine Flüchtlingspolitik zulasten der bayerischen Wirtschaft vor. Bayern setze sich über die vom Bund verabschiedete sogenannte "3+2"-Regelung hinweg und sorge damit nicht nur in der Wirtschaft für Unsicherheit, sondern behindere auch die Integration und belaste die öffentlichen Haushalte unnötig, sagte Fraktionschefin Margarete Bause gestern in München.

Die Regelung, die mit dem Bundesintegrationsgesetz im August in Kraft trat, besagt, dass Asylsuchende während einer dreijährigen Ausbildung und für die zwei nachfolgenden Berufsjahre einen Rechtsanspruch auf eine Duldung haben. "Es dauerte aber nur einen Monat, bis die Repressionsmaschine der bayerischen Staatsregierung zugeschlagen hat", kritisierte Bause. Denn in Bayern werde das Bundesgesetz durch eine Weisung des Innenministeriums anders ausgelegt als in allen anderen Ländern, erklärte der Asylrechtsexperte Hubert Heinhold. Der Duldungsanspruch gilt laut Gesetz nicht, "wenn konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung" bevorstehen. Nach Intention des Gesetzgebers heiße das, dass die Ausbildung nur versagt werden könne, wenn "der Abschiebungsflug schon gebucht ist", sagte der Ausländerrechtsanwalt. In Bayern gelte dagegen schon die Aufforderung, einen Pass zu beantragen, als Maßnahme zur Aufenthaltsbeendigung. "Damit wird der Rechtsanspruch ausgehebelt", kritisierte er.

Die bayerischen Industrie- und Handelskammern hatten die "3+2"-Regelung bei ihrer Einführung noch freudig begrüßt, da Flüchtlinge ihre Ausbildung damit "unabhängig vom Ausgang des Asylverfahrens" beenden könnten. Nun werfen Kammern der CSU vor, kontraproduktiv zu handeln. Die asylpolitische Sprecherin der Grünen, Christine Kamm, sagte, Flüchtlinge würden demotiviert und Unternehmen verunsichert. So seien etwa in Schwaben 30 angestrebte Ausbildungsverträge aufgrund des bayerischen Sonderwegs geplatzt. Auch die SPD warf der CSU vor, die Integration von Flüchtlingen zu torpedieren. Die Staatsregierung zeige, "welchen geringen Stellenwert die Integration für sie tatsächlich hat", sagte die Rechtspolitikerin Alexandra Hiersemann.

Aus dem Innenministerium heißt es dagegen, man setze nur das Bundesaufenthaltsgesetz konsequent um. Es gehe nicht darum, der Wirtschaft Arbeitskräfte zu entziehen oder Integration zu behindern, sagte ein Ministeriumssprecher auf Anfrage. Vielmehr solle verhindert werden, dass sich abgelehnte Asylbewerber noch schnell eine Ausbildung suchten, um ihrer bevorstehenden Abschiebung zu entgehen. Im Ministerium sei kein Fall bekannt, in dem Ausbildungsverträge beendet wurden. Unklarheiten wollte Innenminister Joachim Herrmann (CSU) gestern Abend in einem Gespräch mit Wirtschaftsvertretern klären.