Krippenbauerin mit Diplom

07.12.2008 | Stand 03.12.2020, 5:22 Uhr

Liebe zum Detail und die Beschränkung auf das Wesentliche kennzeichnen die Krippen von Christine Habermann.

Ingolstadt (DK) Christine Habermann ist unter den vielen Krippenfreunden in der Region die einzige mit einem Diplom. Verliehen wurde es ihr vom Verband der Krippenfreunde Österreich. Einige ihrer Arbeiten sind bis 6. Januar 2009 im Seniorenzentrum Pro Curand ausgestellt.

Christine Habermann kennt sich aus in der bayerischen Kultur – obwohl die 48-Jährige in Thüringen geboren ist und dort ihre Jugend verbrachte. "Ich bin mit dem Bayerischen Rundfunk und Fernsehen aufgewachsen", erzählt sie. "Illegal natürlich", fügt sie schmunzelnd hinzu, denn der Empfang von Westsendern war bekanntlich in der DDR verboten. Die Beschäftigungstherapeutin, die seit 2004 in Ingolstadt lebt, kennt daher all die alten Serien wie Inspektor Wanninger und wie sie noch heißen.

Die gebürtige Thüringerin weiß aber auch beim Thema Krippen Bescheid, obwohl diese Tradition – abgesehen von den Figuren – in ihrer Heimat völlig unbekannt ist. Sie ist darüber hinaus eine der ganz wenigen Frauen, die sich sogar Diplomkrippenbauerin nennen dürfen. Das Diplom wurde ihr vor einigen Jahren vom Verband der Krippenfreunde Österreich verliehen, wo sie einen Kurs absolvierte. "Auf Frauen ist man dort nicht geeicht", sagt sie beim Blick auf ihre Diplomurkunde, die im Seniorenzentrum Pro Curand an der Levelingstraße im Speisesaal des Erdgeschosses an der Wand hängt: Urkunden mit der Bezeichnung Meisterin gibt es nämlich nicht.

Figuren aus Steingut

Dort stellt sie zurzeit im Rahmen des Ingolstädter Krippenwegs insgesamt knapp ein Dutzend eigener Krippen sowie einige Leihgaben befreundeter Krippenbauer aus, darunter eine wertvolle böhmische Kastenkrippe aus der Zeit um 1850. Von 10 bis 17 Uhr sind diese Objekte sowie außerdem die beeindruckenden Klosterarbeiten der ehemaligen Ingolstädter Lehrerin Ruth Bachmeier im Erdgeschoss zu sehen.

Gleich zu Beginn steht eine große Krippe, die auch die meisten Besucher fasziniert. Vor allem die 30 Zentimeter großen, unbemalten Figuren aus dunklem Steingut beeindrucken in ihrer großartigen Schlichtheit. Nichts lenkt das Auge des Betrachters ab von der Darstellung des Wesentlichen, der Geburt Jesu im Stall. Etwas vertrauter sind die anderen Krippen, die Christine Habermeier ausstellt: Da sind klassische alpenländische Krippen mit kleinen Bäumen und Sträuchern und dem Bauernhof mit Stall, orientalische Krippen mit Silhouetten morgenländischer Städte, eine Wurzel- und Rindenkrippe, eine Höhlenkrippe oder eine Schneekrippe. Eine Szene ist für den Laien besonders anschaulich und interessant, weil dergleichen ansonsten nie ausgestellt wird. Sie zeigt, wie eine Krippe entsteht.

In der Mitte der 80er Jahre hat Christine Habermann ihre erste Krippe mit ihren Kindern gebaut. "Da haben wir einen alten Schuhkarton mit Rinde beklebt und Figuren aus Salzteig aufgestellt", erinnert sie sich lachend. Ein paar Jahre später wurden in ihrer Gemeinde in Thüringen Kurse angeboten. "Da haben wird dann mitten im Sommer eine Weihnachtskrippe gebaut", erzählt sie. Damit war der Funke endgültig übergesprungen.

Kurs in Tirol absolviert

"Ich wollte mehr lernen", betont sie. Also nahm sie Kontakt mit den Bamberger Krippenfreunden auf, wo sie sich wertvolle Tipps holte. Aber auch das war irgendwann mal ausgereizt, und so entschloss sie sich zu einem Krippenbaukurs in Tirol. "Da wird diese Tradition ja noch hochgehalten, da gibt es nach Weihnachten ein Krippenschauen in allen Häusern", erzählt sie. Seitdem ist sie Diplom-Krippenbauerin.

Ihre Figuren kauft sie fertig von einer Firma in Thüringen, die diese aus Pappmaschee herstellt. Der Bau der Krippe ist dann ihre eigentliche Herausforderung. "Jede Krippe dokumentiert einen gewissen Entwicklungsstand", sagt sie – und erfordert ein methodisches Herangehen. "Zuerst überlege ich mir, ob ich eine orientalische oder eine Heimatkrippe baue", sagt sie. Der zweite Schritt ist die Wahrung der Proportion im Vergleich zur Größe der Figuren. "Es kann ja schlecht sein, dass eine Figur beim Betreten eines Hauses in auf den Knien rutschen müsste", sagte sie.

Der dritte Schritt ist einer der wichtigsten: "Die Anordnung muss im Grundriss stimmen." Wenn’s schwierig wird, nimmt sie ein Blatt Papier zu Hilfe und entwirft eine Skizze. Als Routinier weiß sie natürlich, worauf sie achten muss: "Man darf von der Geburtsszene nicht ablenken", betont sie. Zu viele Figuren sind schlecht, wie auch solche, die isoliert stehen. "Man muss sie so aufstellen, als ob sie untereinander kommunizieren könnten", sagt Christine Habermann. "Und den Häusern muss man Leben einhauchen." Das heißt, die Gebäude sollten perspektivisch errichtet werden und ruhig ein bisschen marode aussehen – das wirkt lebendig. Ihre Materialien bekommt sie entweder aus dem Baumarkt oder aus der freien Natur.

Die Diplom-Krippenbauerin Christine Habermann gibt inzwischen selber Krippenbaukurse und stellt jährlich zwei neue her. Nebenbei betreut sie noch die Krippe in St. Matthäus, die sie im vergangenen Jahr etwas umgestellt hat, und plant einen Stammtisch, wo sich etwa alle zwei Monate Krippenfreunde zwanglos treffen können. Dass sie sich andere Krippen anschaut, ist fast schon selbstverständlich. Nur bei sich zu Hause hat Christine Habermann keine Krippe stehen. "Ich habe für die Ausstellung alle Figuren gebraucht", sagt sie entschuldigend.