Kipfenberg
Konzern gründet Ärztezentrum in Kipfenberg

14.01.2010 | Stand 03.12.2020, 4:20 Uhr

An der neurologischen Klinik Kipfenberg wird ein so genanntes Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) eingerichtet. Die Rhön-Klinikum AG hat die Stellen für angestellte Fachärzte bereits ausgeschrieben. - Foto: mme

Kipfenberg (EK) Seit Jahren plant die Neurologische Klinik Kipfenberg den Aufbau eines Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ). Dabei handelt es sich um ein Ärztehaus, in dem angestellte, ambulante Mediziner in direkter Nachbarschaft zur Klinik tätig sind. Jetzt ist es soweit. Solche Projekte sind sehr umstritten.

Die Klinik Kipfenberg ist eine hoch spezialisierte Fachklinik für Neurochirurgie und Neurologie. Sie gehört zur Rhön-Klinikum AG und besteht in dieser Form schon seit 1993. In der Vergangenheit, so teilt die Klinik mit, habe man vergeblich versucht, ein MVZ ins Leben zu rufen, in der Fachärzte im Bereich Rehabilitation arbeiten sollten – als Angestellte. Die Ausschreibungen waren erfolglos geblieben. Doch jetzt zum Jahreswechsel hat es geklappt: "Seit 1. Januar 2010 sind eine Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie sowie ein Facharzt für Allgemeinmedizin im neu gegründeten MVZ Kipfenberg tätig", teilte gestern auf Anfrage des EICHSTÄTTER KURIER Rainer Manhardt mit, der seit 1993 für die Klinik verantwortlich ist.

Den Einstieg der beiden Mediziner, die schon bisher in Kipfenberg ihre Praxis betrieben, nimmt die Klinik nun zum Anlass für einen erneuten Vorstoß. Eine ganze Reihe von Stellen für Fachärzte sind von der Rhön-Klinikum AG für das MVZ ausgeschrieben: Es geht um die Disziplinen Psychotherapie, Kinder- und Jugendpsychiatrie und Physikalische und Rehabilitative Medizin. Geboten wird "eine der anspruchsvollen Tätigkeit angemessene Vergütung (fix und variabel)", außerdem "Einfluss auf die Ausgestaltung Ihrer Praxis orientiert an den Bedürfnissen unserer Patienten." Doch dabei soll es nicht bleiben, wie Rainer Manhardt klarmacht: "Das MVZ will zudem zur Sicherung der wohnortnahen fachärztlichen Versorgung beitragen und sein Angebot auch zukünftig ausbauen. "Interessant wären zum Beispiel die Fachrichtungen Neurochirurgie oder Urologie."

Für das MVZ sei ein Neubau geplant. Gleichzeitig, so betont Manhardt, setze sein Haus aber auf die bewährte Kooperation mit den niedergelassenen Ärzten sowie mit den Ärzten der benachbarten Kliniken.

Die Gründung des MVZ in Kipfenberg ist somit zwar vorläufig ein Spezialfall, aber doch ruft sie jetzt schon die Kritiker solcher Modelle auf den Plan. In der Region hat das Klinikum Ingolstadt vor zwei Jahren gegen massive Widerstände ein solches MVZ aufgebaut – es gab eine Protestwelle der etablierten niedergelassenen Ärzte unter Führung des Neurologen Michel Dauphin, die bis heute noch nicht abgeebbt ist. Als Neurologe steht Dauphin dem Kipfenberger Projekt nun natürlich ebenfalls kritisch gegenüber.

Dr. Sigurd Eisenkeil, der Vorsitzende des Ärztlichen Kreisverbandes Ingolstadt-Eichstätt, sieht die Entwicklung hin zu Medizinischen Versorgungszentren dagegen sehr differenziert. Es gebe durchaus positive Aspekte: So seien insbesondere Ärztinnen wegen der Familienplanung stark an Teilzeitlösungen interessiert, und dafür biete die Arbeit in einem MVZ "optimale Voraussetzungen". Ein Vorteil für die im MVZ angestellten Ärzte sei das reduzierte wirtschaftliche Risiko – die Kehrseite der Medaille freilich sei die Einschränkung der individuellen Entscheidungsfreiheit, so Eisenkeil. Bisher, so Eisenkeil, seien MVZ‘s fast ausschließlich für den fachärztlichen Bereich eingerichtet worden, er rechne aber damit, dass dieses Modell in Zukunft auch für Allgemeinärzte angewendet werde. "Wenn wir keine Einzelpraxen auf dem Land mehr zustande bringen, werden auch solche Versorgungszeiten ein Lösungsweg sein."

Bei ihm, so der Sprecher des ärztlichen Kreisverbandes, löse das Thema MVZ jedenfalls "keine besonderen Emotionen" aus. Er spreche schließlich für alle Ärzte und sehe sich da eher als Moderator. Kämpfe, wie es sie wegen des MVZ am Ingolstädter Klinikum gegeben habe, halte er, so Eisenkeil, für "kontraproduktiv".

Der Kipfenberger Bürgermeister Rainer Richter meinte gestern auf Anfrage, seine Gemeinde könnte wohl auf lange Hand vom neuen Versorgungszentrum profitieren. "Das bedeutet für uns ein gewisses Mehr an Zentralität bei der medizinischen Versorgung, wie sie ja auch im Konzept der Limesgemeinden vorgesehen ist. In diesem Sinne begrüße ich das."