Ingolstadt
Konzentration auf Kunden und Netz

Der Energiekonzern Eon fährt eine völlig neue Strategie - und wirbt um Bayerns Unternehmer

25.10.2018 | Stand 23.09.2023, 4:47 Uhr
Eon-Vorstandsmitglied Leonhard Birnbaum erläuterte den grundlegenden Perspektivenwechsel seines Konzerns. −Foto: Richard Auer

Ingolstadt (DK) Der Energiekonzern Eon konzentriert sich nach dem Verkauf des gesamten Bereichs Energieerzeugung nun voll und ganz auf das Geschäft mit Kunden und Netzen. Vorstandsmitglied Leonhard Birnbaum kam gestern nach Ingolstadt, um bei einem "Energieforum" im Audi-Sportpark vor rund 450 Unternehmern aus ganz Bayern die Strategie zu erläutern.

Der Konzern scheut offensichtlich weder Kosten noch Mühen, um bestehende und künftige Kunden über die Neuausrichtung in Kenntnis zu setzen. Aus ganz Bayern waren die zumeist mittelständischen Unternehmer gekommen - angelockt unter anderem durch zwei ebenso prominente wie unterschiedliche Gastredner: FDP-Bundesvorsitzender Christian Lindner und der ehemalige Nationaltorhüter Oliver Kahn. Aber im Grunde ging es einzig darum, die "neue Energiewelt" aus Eon-Sicht vorzustellen. Das unternahm Vorstandsmitglied Leonhard Birnbaum, im Konzern verantwortlich für Netz- und Vertriebsgeschäfte. "Wir sind eine ganz radikale Wette eingegangen", erläuterte er in Ingolstadt, warum Eon den Konzern letztlich aufgespalten und sich von dem bisherigen Kerngeschäft, der Energieerzeugung, getrennt habe. Die Wette lautet demnach: "Es wird immer mehr auf Netz- und Kundengeschäfte ankommen. " Hier liege die große Zukunft. Die Energiewirtschaft werde immer mehr von der Kohle abrücken, werde immer dezentraler und immer digitaler. Kurzum: "Die Zukunft wird elektrischer." Es gebe schon jetzt in Deutschland 1,6 Millionen Anlagen, die erneuerbare Energie produzieren. Die müssten intelligent und vor allem regional vernetzt werden. Das Thema Elektromobilität gewinne in einem niemals erwarteten Umfang an Bedeutung. Und in jedem Betrieb, in jedem Haushalt, nehme die Digitalisierung unter dem Stichwort "Smart Home" immer breiteren Raum ein. Wer alle diese Dinge verknüpfen und automatisiert steuern könne, so die Wette, dem gehöre die Zukunft. Birnbaum: "Das ist ein komplett anderes Netz - und wir werden damit immer wichtiger für die Gesellschaft." Mehr noch: "Wir ermöglichen die moderne Gesellschaft erst."

Als Beispiel nannte er "intelligente Kundensysteme", bei denen Eon zum Beispiel aus der Ferne automatisch die Heizung steuern könne. Eine lästige Aufgabe, die so vom Kunden ferngehalten werde. In Großbritannien sei das schon weit verbreitet. Und bei der E-Mobilität werde es darum gehen, überall - etwa auch vor dem Großparkplatz am Audi-Park, Schnell-Ladestationen für E-Autos aufzubauen und zu versorgen. Die E-Mobilität habe bereits große Akzeptanz bei der Bevölkerung und werde deswegen auch politisch gewollt. "Aus unserer Sicht ist das eine Chance, weil sich ein ganzer Sektor auf uns zubewegt." Dasselbe gelte auch für den "Wärmemarkt".

Von den bayerischen Unternehmern erhofft sich Eon entsprechende Aufträge und Kooperationen. Wichtige Felder sind dabei die dezentrale Eigenerzeugung von Energie durch Blockheizkraftwerke und Kraft-Wärme-Kopplungen, Photovoltaikanlagen samt Speicher und der gesamte Bereich der Energieeffizienz.

Wie Leonhard Birnbaum schilderte, habe Eon zunächst geglaubt, man könne eine zweigleisige Strategie fahren, also gleichzeitig die konventionelle Energieerzeugung samt globalem Handel und das innovative, digitalisierte Kunden- und Netzgeschäft betreiben. Es habe sich gezeigt, dass das unter einem Dach schwierig sei, und so habe Eon das konventionelle Geschäftsfeld verkauft. Es sei sinnvoller, sich voll auf das Thema Steuerung zu konzentrieren. "In der Vergangenheit war ein Netz ein leichtes System - heute müssen wir ständig regulierend eingreifen", sagte er mit Verweis auf die erwähnten 1,6 Millionen Einzelanlagen zur Stromerzeugung. Da gehe es um gigantische Datenmengen.

Apropos Daten: Auch jenseits des Audi-Sportparks ist Eon in eigener Sache sehr aktiv. Derzeit erhalten viele Privatkunden Post mit der Bitte, doch eine telefonische Kontaktaufnahme zu erlauben: Es gehe dann unter anderem um "Strom, Erdgas, Smart Home, Smart Office, intelligente Zähler, Photovoltaik, Elektromobilität, dezentrale Energieerzeugung und Energieeffizienz." Dann allerdings ohne Lebensweisheiten von Oliver Kahn.
 

Richard Auer