München
Kommunen lehnen jegliche Deckelung des Flächenverbrauchs ab

13.08.2019 | Stand 02.12.2020, 13:17 Uhr
Uwe Brandl, Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB). −Foto: Britta Pedersen/Archivbild

Jeden Tag werden in Bayern neue Flächen zugebaut, zubetoniert oder anderweitig versiegelt. Was die einen zur Weißglut bringt, sehen die Kommunen als notwendiges Übel im Sinne der Menschen.

Bayerns Gemeinden, Märkte und Städte lehnen eine staatliche Deckelung des Flächenverbrauchs bei der kommunalen Planung kategorisch ab. „Es ist politisch nicht fair und gesellschaftspolitisch riskant, den Gemeinden und Städten dafür Fesseln für ihre Entwicklung in Gestalt von starrem Flächenvorgaben anzulegen“, sagte Gemeindetagspräsident Uwe Brandl (CSU) in München. Die Ablehnung gelte für jede „wie auch immer geartete Berechnungsformel von Pflicht- oder Richtgrößen“, betonte Brandl. Diese würden nämlich in vielen Kommunen zu willkürlichen oder die Bürgerbelange nicht berücksichtigenden Ergebnissen führen.

Der Flächenverbrauch ist seit Jahren ein sehr umstrittenes Thema in der Landespolitik. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hatte im Sommer 2018 ein erfolgreiches Volksbegehren mit der Forderung nach einer starren Obergrenze wegen formaler Mängel gestoppt. Auf Druck von Umweltschützern, Verbänden und Parteien wie der ÖDP und den Grünen sieht längst auch die Staatsregierung akuten Handlungsbedarf.

CSU und Freie Wähler wollen den Verbrauch bis 2030 schrittweise von aktuell rund zehn Hektar am Tag auf rund fünf Hektar senken, lehnen eine gesetzliche Obergrenze für neue Siedlungs- oder Verkehrsflächen aber ab. Die Grünen forderten unlängst eine gesetzliche Deckelung auf fünf Hektar pro Tag ab 2026, auch die SPD ist für die Höchstgrenze.

Für Brandl ist die Debatte überflüssig: „Bayerns Gemeinden und Städte bauen Straßen, damit die Menschen in Stadt und Land gleichberechtigt mobil sein können. Sie bauen Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser und Seniorenheime, um die sozialen Bedürfnisse der Menschen zu decken“, sagte er. Durch Gewerbebauten, Büros und Fabriken sorgten Kommunen zudem dafür, dass Menschen überall in Bayern ein Einkommen hätten und nicht abwandern müssten. „Und vor allem schaffen sie bezahlbaren Wohnraum, damit die Menschen ein Dach über dem Kopf haben, was einem derzeit besonders drängenden Anliegen entspricht. Dafür müssen selbstverständlich Flächen bereitgestellt werden.“

Um den Flächenverbrauch dennoch zu reduzieren, unterstützten die Kommunen gesetzgeberische Ideen und Maßnahmen zur besseren Nutzung bebauter Flächen. Willkommen seien auch steuerliche Anreizsysteme, neue Baustandards und die Wiederbelebung der Ortsplanungsstellen. Jedoch müsse immer das Prinzip der örtlichen Eigenverantwortlichkeit und der Chancengleichheit aller Regionen Bayerns gewahrt bleiben.

„Beim Kampf gegen die Betonflut in Bayern entpuppt sich die Funktionärsriege des Gemeindetags als Hort der Unwilligen und Unbelehrbaren“, sagte Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann. Brandl predige geradezu einen entfesselten Flächenfraß. Die Kommunen hätten auch mit einer Flächenbegrenzung alle Möglichkeiten für eine Weiterentwicklung. „Es ist dann an den Planern und Architekten, intelligente bauliche Lösungen zu schaffen: Ein mehrstöckiges Parkhaus statt des ebenerdigen Parkplatzes, Hochregallager statt großflächiger Lagerhallen.“

Auch Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) betonte, dass in Bayern sorgsam mit Flächen umgegangen werden müsse: „Wir müssen künftig mehr in die Höhe als in die Breite bauen und Leerstände innerorts besser nutzen.“ Die von den Grünen geforderte Einführung von Flächenzertifikaten für Gemeinden lehne er aber ab.

dpa