New York
Komischer als die Polizei erlaubt

Die wunderbare Serie "The Marvelous Mrs. Maisel" auf Amazon Prime

14.02.2019 | Stand 23.09.2023, 5:58 Uhr
Schön und komisch: Rachel Brosnahan als Midge. −Foto: Amazon Prime

New York (DK) Diese Frau ist wie ein Vulkan, ein lebendes Feuerwerk der Komik, des Temperaments und des Charmes. Sie haut einen einfach um. Mrs. Maisel ist hinreißend - genau so wie es der Titel der Serie besagt: "The Marvelous Mrs. Maisel".

Zum Beispiel gleich in der ersten Folge der Serie, deren zwei Staffeln ab heute bei Amazon Prime auch in deutscher Fassung gezeigt werden. Midge Maisel, die junge New Yorker Hausfrau aus bester Familie in den späten 1950er-Jahren, ist außer sich vor Verzweiflung. Gerade hat sie ihr Mann verlassen - für seine Sekretärin und aus Verzweiflung, weil er sich selbst als eher mäßig begabter Comedian auf der Bühne blamiert hat. Midge betrinkt sich, bis all ihr Zorn, all ihr anarchischer Witz zu explodieren scheint. In dieser Verfassung fährt sie zur Kleinkunstbühne Gaslight Cafe, stürmt auf die Bühne - und gibt alles. Mit zügellosem Mundwerk rechnet sie mit ihrem Leben, ihrer Ehe, ihrem Mann, ihrer jüdischen Verwandtschaft ab, dass die Zuschauer im Publikum kaum wissen, ob sie lachen oder weinen sollen oder einfach nur staunen über diese Urgewalt der Komik. Am Ende reißt sich Midge die Bluse vom Leib und zeigt ihre blanken Brüste. Das ist allerdings erst Mal das Ende der Komödienkarriere der wunderbaren Mrs. Maisel. Denn die Polizei kommt und verhaftet sie.

Rachel Brosnahan ist die Darstellerin von Midge. Sie wirbelt gut gelaunt, ironisch lächelnd und in hocheleganter Robe zwischen den anderen Darstellern hindurch - oder wütet und heult. Aber immer ist etwas los, immer schaut man gebannt auf diese fantastische Schauspielerin, die bereits für ihren Serienauftritt mit Emmy und Golden Globe Award (und weiteren Preisen) ausgezeichnet wurde.

Gerade in einer Zeit, in der in der Folge der #MeToo-Debatte besonders heftig über Frauenrechte und Missbrauch diskutiert wird, bietet die Serie eine wichtige zusätzliche Facette. Denn in der Serie geht es um Emanzipation bevor dieser Begriff überhaupt so richtig in Mode kam. Die kämpferische Mrs. Maisel ist da ein schönes Gegenbild, eine Frau, die sich mit Energie und Scharfsinn in der männlich dominierten Welt des Kabaretts und der Stand-up-Comedy durchsetzt. Einer Welt, in der man davon ausging, dass nur Männer Talent zur Komik hätten.

Die von Amy Sherman-Palladino konzipierte Serie funktioniert aber nicht nur wegen Rachel Brosnahan so hervorragend. Kaum weniger komisch das Umfeld: die wohlhabende jüdische Familie, in der sie aufgewachsen ist, mit der leicht neurotischen und depressiven Mutter Rose (Marin Hinkle). Dem hochintelligenten Vater Abe (Tony Schalhoub), einem leicht lebensuntauglichen Mathematikprofessor, und dem polnischen Dienstmädchen. Die Dialoge sind blitzschnell, intelligent und jüdisch-komisch.

Der Weg zum Erfolg auf der Comedy-Bühne ist für Midge ein harter Kampf: Angefangen vom Ehemann Joel (Michael Zegen), der es nicht ertragen kann, dass sein Eheleben auf der Bühne ausgebreitet wird, bis hin zu den Eltern, die lange Zeit nichts wissen von Midges heimlichen Auftritten im Gaslight Cafe. Aber allein die Lebensumstände bieten Midge einen schier endlosen Vorrat für witzige Erörterungen und zornig-wütende Ausbrüche. In einer Folge erläutert sie, dass Comedy immer ein Mittel des Widerstands der Unterprivilegierten und Entrechteten sei - also genau das richtige für Frauen.

Jesko Schulze-Reimpell