München
Banal oder boshaft?

Die Designerin Karen Pontoppidan stellt in der Villa Stuck in München ihre Schmuckkreationen aus

14.02.2019 | Stand 23.09.2023, 5:58 Uhr
Mehr als 100 Exponate präsentiert die Designerin Karen Pontoppidan in der Villa Stuck, dabei "Homes", Anhäger aus Zinn und Farbe, oder Ringe: "o.T. (Badeanzug)" oder "o.T. (Titanic)". −Foto: Pontoppidan, Averwerser

München (DK) Der Schmuck der dänischen Designerin Karen Pontoppidan will nicht schön sein. Er will auch nicht unbedingt schmücken im konventionellen Sinn. Und in keinem Fall soll er allein für Frauen geschaffen sein, denn im Zuge der Gender-Diskussion sollen die Objekte frei verfügbar sein für Menschen jeglicher Ausrichtung.

Die Schau, die aus diesem Denken entstanden ist, will provozieren und wird jetzt in der Münchner Villa Stuck gezeigt unter dem Titel "The One Woman Group Exhibition" (Die Ein-Frau Gruppen-Ausstellung).

Die Künstlerin hat ihre über hundert Exponate in Gruppen gegliedert, die nicht unbedingt chronologisch geordnet sind, aber jeweils einen anderen Aspekt ihres Schaffens hervorheben wollen - so als seien es verschiedene "Ichs", die sich hier vorstellen.

Im historischen Foyer der Künstlervilla hütet ein gläsernes Gewächshaus verschieden Unikate von Ringen. Teilweise sind Details aus der Pflanzenwelt erkennbar, teilweise erinnern die Objekte an verschmutztes Silber, mit Emaille-Farben befleckt oder so bearbeitet, dass es an Exkremente erinnern. Auf anderen Objekten für Hände oder Revers sind Tiere oder ein Auto-Crash eingraviert. Sogar die sinkende Titanic ist auf einem Ring zu sehen - das Objekt wurde einer Foto-Tapete mit Sonnenuntergang eingefügt. Romantik soll gebrochen und der Erwartungshaltung der Interessenten widersprochen werden.

Feinsilber als Werkstoff ist leicht und fragil - das Gleiche gilt für eingeschmolzenes Zinn. Beides birgt die Gefahr, dass es durch Benutzung verformt wird. Das gilt etwa für kleine Häuser, die aus Plättchen zusammengenäht werden und als Anhänger getragen werden können. Oder für die Glocken, die an einem Gespinst aus Nylonfäden von der Decke hängen - mit je einem signifikanten Klöppel im Inneren. Es sind dies nicht unbedingt Instrumente, denn sie geben eher ein dumpfes Scheppern von sich als einen besonderen Klang. In der Vielzahl, schwebend über einer großen Matratze, symbolisieren diese glockenähnlichen Kegel auch die Vielfalt im Inneren der Künstlerin: "Da geht es um ein Wir statt um ein Ich."

Die 1968 in Dänemark geborene Karen Pontoppidan erhielt ihre erste Ausbildung in Schwäbisch Gmünd und war dann Meisterschülerin von Otto Künzli an der Akademie der Bildenden Künste in München. Nach Lehrtätigkeiten in Düsseldorf und Pforzheim wurde sie Professorin an der Universität für Kunst, Handwerk und Design in Stockholm, um dann 2015 Nachfolgerin von Künzli in München zu werden. Die jetzt ausgestellten Arbeiten aus zwanzig Schaffensjahren kulminieren in Objekten, die letztlich Skulpturen sind: Pontoppidan hat Alltagsgegenstände wie Fleischklopfer, Nudelholz, Gummisauger und Bügeleisen in Feinsilber als Hohlform hergestellt. Dabei hat sie die Silberplatten nur zusammengeklebt und die leichten Objekte auf rohe Pappkartons auf den Boden des Musikzimmers gelegt. Sie will damit den Begriff von Schmuck hinterfragen, spielt aber zugleich mit Klischees des Geschlechterkrieges.

Letztes Objekt des Rundgangs durch die historische Künstlervilla ist ein WC-Deckel aus Feinsilber, sorgsam unter dem Glas einer Vitrine geborgen. Ob dies nun banal, boshaft oder ironisch gemeint ist, müssen die Besucher der Schau selbst beurteilen. In jedem Fall bleibt die Frage, ob diese Position in der Münchner Schmuckszene überhaupt noch eine Steigerung erlaubt oder ob sich dieser Weg als Sackgasse erweist.

Museum Villa Stuck, bis 5. Mai, Di bis So von 11 bis 18 Uhr, Abendöffnung Friday Late am ersten Freitag im Monat, 18 bis 22 Uhr, Eintritt frei. Weitere Infos unter www.villastuck.de.
 

Annette Krauß