Greding
Kleines Insekt, große Gefahr

Gredinger Waldbesitzer müssen heuer besonders stark gegen den Borkenkäfer kämpfen Schon über 5000 Bäume gefällt

22.09.2016 | Stand 02.12.2020, 19:17 Uhr

Über hundert Jahre alte Fichten musste Josef Geyer (oben) in seinem Waldstück am Gredinger Pfaffenberg fällen. Sie sind vom Borkenkäfer befallen und müssen so schnell wie möglich entfernt werden. Auch Förster Josef Adam (unten links) und FBG-Geschäftsführer Matthias Netter untersuchen Bäume nach dem Schädling. Die Larven des Käfers fressen sich im rechten Winkel zum Muttergang durch die Rinde, wie Adam kürzlich bereits einigen Kindern bei einer Erlebniswanderung gezeigt hat. - Fotos: Stephan

Greding (HK) Das Sturmtief Niklas und der trockene Sommer im vergangenen Jahr sind schuld: Gredinger Waldbesitzer müssen heuer besonders stark gegen den Borkenkäfer kämpfen. Wegen des Schädlings mussten sie bereits über 5000 Bäume fällen.

Josef Geyer steht in seinem zehn Tagwerk großen Waldstück am Pfaffenberg und blickt auf einige Fichten, die - in Einzelteile zersägt - auf dem Boden liegen. Fast sieht es so aus, als wäre in der vergangenen Nacht ein Sturm durch den Wald gefegt: Die Äste ragen in die Luft, und wo einmal eine Gruppe bis zu 120 Jahre alter Bäume stand, scheinen nun Sonnenstrahlen auf eine große Lichtung. Für den Laien vielleicht ein trauriges Bild, für den Waldbesitzer ist es der gewohnte Kampf gegen den Borkenkäfer, der in diesem Jahr in Greding besonders gefräßig ist. "Es wird wegen des Klimawandels immer schlimmer, heuer hatten wir hier richtig große Nester", sagt Geyer.

Dabei hat es im Frühjahr noch ganz danach ausgesehen, dass der Borkenkäfer diesmal keine guten Bedingungen vorfinden sollte. "Der viele Regen hat zunächst verhindert, dass er sich ausbreitet, aber die Hitze im Juli und August war gut für ihn", erklärt Matthias Netter, Geschäftsführer der Forstbetriebsgemeinschaft (FBG) Heideck/Schwabach, die die Bauern in Fragen der Waldbewirtschaftung unterstützt. Außerdem seien viele Fichten durch das Sturmtief Niklas und die extreme Hitze im Sommer 2015 sowie den schädlichen Hallimaschpilz geschwächt, was zur Massenvermehrung des zwei Millimeter großen Käfers beigetragen habe.

Wer die Anzeichen für einen Käferbefall kennt, nimmt dies in Teilen des über 3000 Hektar großen Waldgebiets um die Stadt herum sofort wahr. Harzgeruch liegt in der Luft - die sterbenden Bäume versuchen, sich gegen die Insekten zu wehren und sie einzukleben. "Bei so hohem Käferdruck natürlich ohne großen Erfolg", sagt der Gredinger Förster Josef Adam. Zudem locke der Harzgeruch Tausende weiterer Käfer an.

Noch viel deutlicher zu erkennen ist aber das Bohrmehl, das am Fuße der befallenen Fichten beziehungsweise auf den Stämmen der bereits umgesägten Bäume liegt. "Das ist ein Zeichen, dass der Käfer sich erfolgreich eingebohrt und Eier gelegt hat", weiß Adam. Weibchen legten 80 bis 100 Eier. Bis die Brut schlüpft, dauere es sechs bis acht Wochen. Netter zufolge müssen Waldbauern sofort reagieren, die Bäume fällen und mindestens 500 Meter weit entfernt von den gesunden Fichten lagern. Denn so weit könnten die Käfer fliegen. "Wenn die Rinde schon abfällt, ist es zu spät." Dann sei der Baum tot, der Käfer sei ausgeflogen und habe sich schon ein neues Opfer gesucht.

Adam und Netter zücken Taschenmesser und schälen die Rinde von einem der gefällten Bäume, auf dem besonders viele Bohrmehl-Häufchen liegen. Darunter wimmelt es nur so von winzigen, schwarzen Käfern und ihren braunen Nachkommen. Gut zu erkennen sind die sogenannten Rammelkammern, in denen die Käfer sich fortpflanzen, die langen Gänge, in denen die Eier abgelegt werden, und im rechten Winkel dazu die Spuren, in denen sich die Larven durchgefressen haben. "Das sieht aus wie ein Buch, deshalb nennt man sie auch Buchdrucker", sagt Adam.

Trotzdem kann Käferholz weiterverwendet werden. Die Waldbauern bei der Vermarktung ihrer Ernte zu unterstützen, ist momentan die Hauptaufgabe von Netter. "Von Juli bis September muss ich mich frühzeitig um Verträge mit den Sägewerken kümmern", sagt er. Allein in diesem Jahr seien bereits über 5000 Käferbäume aus dem Gredinger Gemeindegebiet geholt und teils verarbeitet worden - rund 20 Prozent davon zu Paletten, der Rest ende vor allem als Baumaterial.

Noch ist der Schaden für die Gredinger Waldbauern nicht so groß. "Die Fichten werden weniger, außerdem bekommen wir für Käferholz weniger Geld als für Frischholz", sagt Geyer. Der Preis ist Netter zufolge in diesem Jahr aber akzeptabel, weil die Schadgebiete nur regional sind und nicht bayernweit wie 2003. "Da musste das Holz sogar bis nach Österreich gebracht werden, weil man nicht mehr wusste, wohin mit dem ganzen Holz." So weit sei es heuer aber zum Glück noch nicht gekommen. "Deshalb müssen wir alle aufpassen, der Käfer wird noch mindestens bis Ende September aktiv sein."

Die Vorsichtsmaßnahmen funktionieren. "Die meisten Privatwaldbesitzer in Greding sind sehr sensibel und fahren alle zwei bis drei Tage raus, um ihren Wald nach Bohrmehl abzusuchen", sagt Netter. "Das ist lobenswert." Sobald Anzeichen für einen Käferbefall entdeckt werden, werde herumtelefoniert, um das Holz schnell aufzuarbeiten und den Schaden - auch für die Nachbarn - so gering wie möglich zu halten.

Josef Geyer sieht den Käferbefall einigermaßen gelassen. "Ich bin froh, dass es örtliche Unternehmer gibt, die Leute und Geräte haben, um das Holz zu schlagen und rauszubringen", würdigt er die gute Zusammenarbeit. Außerdem weist er auf viele junge Fichten, die wie kleine Symbole der Hoffnung zwischen ihren gefallenen Vorfahren aus dem Boden sprießen. "Die nächste Generation kommt schon. Das Leben geht weiter."