Dietfurt
Kleine Auszeit auf 18 Quadratmetern

Ottmaringer Paar verwirklicht Traum vom Tiny House für Urlauber

28.05.2021 | Stand 23.09.2023, 18:53 Uhr
Maßarbeit: Silvia Eckert und Walter Kosack haben nicht einfach ein Tiny House gekauft, sondern selbst eins gebaut - für Urlauber. Auf 18 Quadratmetern hat alles Platz gefunden, was man zum Leben braucht. −Foto: Hradetzky

Dietfurt - Silvia Eckert aus Ottmaring hat sich ihren persönlichen Traum verwirklicht: ein Tiny House.

Geholfen hat ihr Walter Kosack, ihr Lebensgefährte. Jetzt wartet das Häuschen, welches auf dem Ottmaringer Campingplatz steht, auf Gäste, die hoffentlich bald dort ihren Urlaub verbringen und sich pudelwohl fühlen sollen.

Man braucht nicht viel, um glücklich zu sein - wenn das kleine rostrote Holzhäuschen im schwedischen Pippi-Langstrumpf-Stil sprechen könnte, dann würde es dem neugierigen Betrachter wohl genau das sagen. Dies dachten sich auch Silvia Eckert und ihr Lebensgefährte Walter Kosack vom Sieben-Täler-Campingplatz vor rund vier Jahren, als die Idee geboren wurde, sich so ein kleines Holzhaus anzuschaffen. Denn so war der ursprüngliche Plan.

"Ich hatte vor vier Jahren berufsbedingt ein Burn-out und man riet mir, ich solle mir ein Projekt suchen, um den Stress zu kanalisieren", blickt Silvia Eckert zurück. Über Berichte in Zeitschriften und im Fernsehen ist sie auf das Thema "Tiny House", was so viel wie winziges Haus bedeutet, aufmerksam geworden. "Mich hat das fasziniert, nicht mehr losgelassen, es ist einfach interessant und ich bin sehr naturverbunden. Dann habe ich erst einmal recherchiert, wo man so ein Tiny House kaufen könnte. "

Ein Verkäufer aus Mainz wollte sein in die Jahre gekommenes Häuschen für 30000 Euro an den Mann bringen. "Wir sind damals extra nach Mainz gefahren. Als ich gesehen habe, wie schlecht das Tiny House laienhaft zusammengestöpselt war, die Verschalung verbogen und schlecht verarbeitet, da habe ich mir sofort gedacht, das kann ich doch selbst bauen, dann mache ich es gleich von vorneherein gescheit und kann vieles selbst entscheiden", erinnert sich der gelernte Zimmerermeister Kosack.

Zuhause angekommen, machte sich seine bessere Hälfte gleich daran, die Pläne für das Tiny House zu zeichnen. Und schließlich holten sie noch ein Tiny-House-Fahrgestell, einen Trailer aus Holland, für ihr mobiles Haus. Das steht nun auf dem acht Meter langen Anhänger und kann theoretisch überall hingefahren werden, nicht jedoch abgestellt, denn dafür braucht man eine extra Genehmigung.

Hotelkühlschrankin der Küchenzeile

Zwei Personen finden in dem 18 Quadratmeter großen Tiny House Platz. Der helle, einladende Wohnzimmerbereich, den bald schon eine Kuschelcouch zieren wird, wird durch ein Bücherregal vom Küchenbereich abgetrennt. Gekocht wird auf einem kleinen Gasherd, gekühlt werden die Lebensmittel in einem Hotelkühlschrank, der sich sehr gut in die Küchenzeile einfügt und nicht zu laut ist.

Überhaupt wird das gesamte Tiny House mit allem Komfort ausgestattet, den man für einen entspannten Urlaub benötigt. Somit wird im Häuschen auf Rädern die vorhandene Raumfläche bestmöglich genutzt. Neben der klitzekleinen Küche liegt das Bad, welches mit einer ebenerdigen Dusche und einer Ökotoilette ausgestattet ist: Diese Trockentoilette, in deren Feststoffbehälter Kokosfasern gefüllt werden, benötigt keine Pumpen oder Tanks, lediglich eine Belüftung. "Wenn man bei einem solchen Hobby, etwas selbst zu bauen, so vor sich hin werkelt, dann stößt man schon auf spezielle Themen, die gelöst werden müssen, wie eben in diesem Fall das stille Örtchen. Wir wollten alles so nachhaltig und umweltfreundlich wie möglich planen, daher entschieden wir uns für das wasserlose Kompost-WC. "

Geschlafen wirdim Obergeschoss

Im Wohnzimmer gehören außerdem ein Fernseher und WLAN zur Ausstattung. Über eine aus Massivholz gebaute Treppe gelangen die Gäste auf die zweite Ebene, auf der zwei Personen schlafen können. Geheizt wird mittels Ökostroms vom Dach, das mit einer Photovoltaik-Anlage ausgestattet ist.

"In vielen Sachen hatte ich beim Ausbau schon Erfahrung, in manche wächst man hinein und schaut sich im Internet Videos an. Für die Dachrinne habe ich mir dann extra eine Blechbiegemaschine zugelegt und wieder etwas dazu gelernt", erzählt der Ottmaringer. Wärmeisoliert hat Walter Kosack das "Fein-Klein-Häuschen" mit zwei Zentimeter dickem PU-Schaum und sechs Zentimeter dicker Steinwolle, womit auch der Schallschutz gewährleistet sei, wie er sagt.

Die Verschalung besteht aus Fichtenholz in Stülpschalung aufgrund seines leichten Gewichts. Die Holzfassade erhielt schließlich noch einen feinsäuberlichen schwedenroten Anstrich und eine Imprägnierung.

Am fast durchwegs autark gestalteten Häuschen angefügt ist die Versorgungsstation mit Frischwassertank mit Festwasseranschluss und einer Gasflasche für den Gasherd. Darunter befindet sich der Abwassertank. Beim kompletten Ausbau muss bei der Verwendung der Materialien darauf geachtet werden, dass das Maximalgewicht von dreieinhalb Tonnen, welches auf dem Tieflader zugelassen ist, am Ende nicht überschritten wird.

Nun ist das individuell geschaffene, pfiffige Minihaus fast fertig und soll noch in diesem Jahr die ersten Gäste beherbergen, nachdem die beiden Hobby-Bauherren noch den letzten Feinschliff, wie das Verfugen der Fensterrahmen, gemacht haben. "Wir haben uns überlegt, das Tiny House speziell an Paare zu vermieten, die es wertschätzen, pfleglich damit umgehen und sich eine kleine Auszeit auf 18 Quadratmetern gönnen möchten", meint Silvia Eckert.

Dass es für einen Urlaub im winzigen Haus eine große Nachfrage geben wird, da sind sich die beiden sicher, schließlich haben sie von ihren Campingplatzgästen während des Baus des Tiny Houses schon viele neugierige Blicke geerntet und natürlich vielfach die Frage gehört, ab wann man denn darin seine Ferien verbringen kann.

DK

Katrin Hradetzky