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Kleeblatt in der Krise

07.09.2017 | Stand 02.12.2020, 17:32 Uhr

Fürth (DK) Es herrscht schlechte Stimmung in der so häufig gelobten Fußballfamilie der SpVgg Greuther Fürth. Die Trainersuche zieht sich. In Dresden wird das Team deshalb noch von Interimscoach Mirko Dickhaut betreut.

An seinem 42. Geburtstag hatte Ramazan Yildirim gestern eingeladen. Nicht zum Kaffeekränzchen, sondern zur Presserunde, die diesmal unüblicherweise der Direktor Profifußball des Zweitligisten selbst übernahm. Ob sich Interimstrainer Mirko Dickhaut nicht äußern dürfe? "Blödsinn", meinte Yildirim. "Er will sich auf die Mannschaft konzentrieren, das ist viel wichtiger." Da während der Länderspielpause noch kein neuer Trainer für die in die Krise geratene Spielvereinigung gefunden wurde, wird Dickhaut das Kleeblatt auch heute Abend (18.30 Uhr) gegen Dynamo Dresden betreuen. Ein Nachfolger für Chefcoach Janos Radoki ist trotz angeblich mehrerer Interessenten noch nicht in Sicht.

Knapp zwei Wochen lang hatten die Fürther Verantwortlichen Zeit, um einen neuen Trainer zu präsentieren. Zwei Wochen, die sich jetzt, da Dickhaut definitiv nicht zur langfristigen Lösung werden soll, als verlorene Zeit herausstellen. Namen wie Kauczinski, Korkut und Zinnbauer kursierten, Konkretes kam bislang noch nicht dabei heraus. Auch vor dem Dresden-Spiel äußerte sich Yildirim nicht näher zu den Personalien. Offenbar ist es alles andere als leicht, einen Trainer zu finden, der sich die Aufgabe beim Tabellenletzten in der aktuellen Situation antun will. Der Job ist derzeit mit für Fürther Verhältnisse ungewohnten Problemen verbunden.

Problem Nummer eins: Die Stimmung im so häufig als heile Fürther Fußballfamilie beschriebenen Umfeld ist alles andere als gut. Zu Radokis Beurlaubung soll auch eine Spielerrevolte, angeführt von Routinier Jürgen Gjasula, beigetragen haben - was Fragen über den Charakter der Mannschaft aufwirft. Das Verhältnis des Ex-Trainers zu Martin Meichelbeck - Direktor Sport und unter anderem als Sportpsychologe tätig - soll arg belastet gewesen sein. Manager Yildirim steht aufgrund seiner Transferpolitik in der Kritik. Und über allem wacht der allmächtige Präsident Helmut Hack, der in Kürze wohl den 19. Trainer für die Spielvereinigung in 20 Jahren begrüßen wird. Kurzum: Es ist keine leichte personelle Gemengelage, in die sich ein neuer Fürther Trainer begeben würde.

Problem Nummer zwei: vier Spiele, null Punkte, nur zwei Tore. Der Saisonstart wirft automatisch auch Fragen über die Qualität der Mannschaft auf. "Einige Spieler, vielleicht zu viele Spieler" hätten ihre Form unter Radoki nicht gefunden, sagt Yildirim. Nach dem Ende der Transferperiode kann nun auch nicht mehr nachgerüstet werden. Die Hoffnungen ruhen daher unter anderem auf den offensiven Neuzugängen Levent Aycicek (Werder Bremen II) und Julian Green (VfB Stuttgart). "Ich gehe davon aus, dass sie in Dresden im Kader sind. Alles Weitere wird der Trainer entscheiden", sagt Yildirim. Gleiches gelte für die Frage, ob der zuletzt unsichere und an der Schulter verletzte Balazs Megyeri oder sein Konkurrent Sascha Burchert im Tor stehen wird und wer Megyeri gegebenenfalls als Kapitän ersetzt. Fragen, die auch ein neuer Trainer baldmöglichst zufriedenstellend klären müsste. Die nächsten Gegner heißen Düsseldorf, Braunschweig und Nürnberg.

All das führt zur übergeordneten Frage, welcher Trainer sich die undankbare Aufgabe im M'oment zutraut. Das neueste Gerücht heißt Bernd Hollerbach. Der Franke, in der Vorsaison mit den Würzburger Kickers aus der Zweiten Liga abgestiegen, ist offenbar ein ernsthafter Kandidat, der mit seiner Malocher-Art womöglich besser zur schwierigen Fürther Mannschaft passt als Radoki, der das Team mit seinem Verständnis von Fußball offenbar überforderte. "Zur Diskussion um Namen kann und werde ich nichts sagen", betont Yildirim, der in der vergangenen Woche unterstrich, dass "Hektik kein guter Ratgeber" sei. Langsam, aber sicher drängt auch im beschaulichen, familiären Fürth die Zeit.