Ingolstadt
Keiner rührt sich

Am Stillen Feiertag wird ab 2 Uhr auch in Ingolstädter Clubs die Musik leiser und die Tanzfläche geräumt

30.10.2018 | Stand 23.09.2023, 4:50 Uhr
"Runter von der Tanzfläche" heißt es an Allerheiligen um Punkt 2 Uhr. Am Stillen Feiertag muss auch die Musik leiser gestellt werden. −Foto: Hauser/Archiv

Ingolstadt (DK) Das Tanzverbot an Allerheiligen beginnt am morgigen Donnerstag, 1. November, um 2 Uhr. In den Clubs und Diskotheken muss am katholischen Feiertag im Freistaat die Musik leiser gedreht und die Tanzfläche geräumt werden. Aber ist das Tanzverbot noch zeitgemäß? Die Meinungen sind gespalten.

Die Tanzfläche ist gut gefüllt - allerdings mit Stehtischen, nicht mit Tänzern. Denn Tanzen ist ausnahmsweise in der Rockbar Amadeus in der Nacht vor Allerheiligen unerwünscht. Aus den Lautsprechern tönt passend zum sakralen Hintergrund dieses Verbots "Stairway to Heaven" von Led Zeppelin. Die Stehtische wurden demonstrativ auf den Tanzboden gestellt, damit sich ja keiner dorthin verirrt. So oder so ähnlich könnte es nach 2 Uhr nachts diesen Donnerstag im Amadeus aussehen. In den Vorjahren spielte es sich genau so ab, berichtet Amadeus-Chef Martin Tomiak. "Das Tanzverbot ist überholt. Wir leben ja nicht mehr im Mittelalter", ist er überzeugt. In der Rockbar spielt er an Allerheiligen eine spezielle Playlist mit ruhigeren Songs (siehe Kasten), der DJ räumt seinen Platz. Hauptsache, keiner tanzt. "Das ist kein Tanzverbot, das ist ein Amüsierverbot", findet Tomiak. Seine Bar sei an solchen Stillen Feiertagen schlecht gefüllt, er sehe bei seinen Gästen fast nur gelangweilte Gesichter.

Denn 2012 wurde die Regelung speziell für den Stillen Feiertag geändert: Nicht mehr bis Punkt 24 Uhr des Vortags, sondern bis 2 Uhr darf seitdem Musik gespielt werden. Danach soll am Trauertag Ruhe herrschen, um der Toten zu gedenken. "Was nützt denn die Lockerung bis um 2 Uhr? Warum nicht gleich bis 5 Uhr?"Insgesamt neun Stille Feiertage gibt es im Freistaat: Neben Allerheiligen zählen dazu beispielsweise der Aschermittwoch, Gründonnerstag und Heiligabend. Das Tanzverbot dauert jeweils bis um 24 Uhr. Je nach Bundesland fällt diese Regelung aber unterschiedlich aus. An anderen Feiertagen wie Mariä Himmelfahrt hingegen ist das Tanzen erlaubt. Getränke dürfen am 1. November dennoch weiter ausgeschenkt werden. Getanzt werden darf aber nicht. Manche Halloweenparty wurde deshalb schon am Wochenende gefeiert.

Den Diskotheken bleibt nichts anderes übrig, als dem Gesetz zu folgen. David Krebs, Geschäftsführer der Eventhalle am Westpark, hat sich damit abgefunden: Seine Halloweenparty fängt am heutigen Mittwoch schon um 21 Uhr an. "Nach fünf Stunden Party drehen wir um zwei Uhr die Musik leiser. Erfahrungsgemäß gehen um halb drei alle nach Hause." Bei den Gästen hat sich dieser Allerheiligen-Ritus in den Discos bereits verankert: kein Tanzen, keine Partystimmung. Krebs sagt: "Laut Gesetz ist die Religion frei. Das ist doch Schwachsinn, das Tanzverbot indoktriniert zu bekommen." Das Verbot ist für ihn "mehr als veraltet".

"Das sollte an den neun Tagen im Jahr zu verschmerzen sein", meint Ingrid Schmutzler vom Presseamt der Stadt. Es gelte an Allerheiligen die normale Sperrstunde - im Gegensatz zum Karfreitag sei Musik auch erlaubt, betont sie. Diese sollte leise und unaufgeregt, dem Tag entsprechend sein. Das Ordnungsamt kontrolliere an den Stillen Feiertagen stichprobenartig. "Laute Musik zu spielen ist am 1. November eine Ordnungswidrigkeit, da könnte das Bußgeld bei bis zu 10.000 Euro liegen. Das haben wir aber noch nie ausgesprochen." Meist liege die Strafe zwischen 100 und 250 Euro.

Klaus Meyer, Pfarrer von Herz Jesu, erklärt die Hintergründe des Gesetzes: Für den katholischen Geistlichen ist das Tanzverbot der Charakter des Stillen Feiertags. "Es ist wichtig, dass die Seele und das Herz mal zur Ruhe kommen." Es suchten eh immer mehr Menschen Ruhe und Rückzug. Besser wäre es seines Erachtens, wenn es keine Lockerung gegeben hätte. "Aber lieber eine Lockerung bis um 2 Uhr, und der Rest des Tages bleibt ruhig - das ist dann noch das geringere Übel", sagt der Pfarrer. Den Feiertag gelte es zu schützen. Man sollte versuchen, den Gastronomen den Sinn des Feiertags zu erklären. "Für mich hat der Tag aber gar nichts mit der Kirche zu tun, sondern vielmehr mit der inneren Ausrichtung: Das Grab von Angehörigen zu besuchen."
 

Anna Hausmann