Ingolstadt
Keiner kugelt feiner

02.01.2010 | Stand 03.12.2020, 3:18 Uhr

Peter Schwenk an einer seiner Kugeln. Sie sind aus sprödem Altmetall, aber formvollendet. Wie er das schafft, bleibt ein Geheimnis. - Foto: Rössle

Ingolstadt (sic) Die Welt des Peter Schwenk ist keine Kugel. Sondern ein Kosmos aus lauter Kugeln. Perfekte geometrische Körper, die ausdrucksstark von etwas erzählen. Von Autos, Blumen, Pferden, Fischen, Ringen, Buchstaben.

Zweierlei haben die Werke des 64-jährigen Bildhauers gemeinsam: Alle bestehen aus sprödem Material, bevorzugt Altmetall, das Schwenk zu vollendeten Kugeln formte – ohne eine einzige Delle. Perfekt eben. Dafür hat der Künstler – er studierte bei Prof. Robert Jacobsen in München – eine eigene Technik entwickelt. "Aber die verrate ich natürlich nicht", erzählte Schwenk am Samstag bei der Vernissage der Neujahrsausstellung der Künstlergruppe Brückenkopf, die er heuer als Gast? beehrt.

Zu erleben sind auch andere seiner Plastiken, aber die imposanten Kugeln beherrschen das Bild in der Aula der Berufsschule II. Schwenk erklärt, was ihn daran fasziniert: "Die Kugel ist einfach die perfekte Form! Sie ist von allen Seiten lesbar. Es gibt kein Oben und kein Unten, kein Vorne und kein Hinten."

Zumindest verrät Schwenk, wie ihm die filigranen Formen in seinen Werken gelingen: mit der dünnen, 800 Grad heißen Flamme eines Plasmaschneiders. Die bunt lackierten Elemente sind bei ihm stets naturbelassen (sofern man das über Alteisen sagen kann). "Ich färbe nie. Ich verwende alles so, wie ich es finde." Auf dem Schrottplatz. "Der ist mein Paradies!"

Auch Siegfried Hofmann würdigte die Werke des Gastes. Der frühere Kulturreferent führte die vielen Besucher in die Welt der Künstler ein. Die Brückenkopf-Gruppe, obschon seit 19 Jahren präsent, sei immer noch "jung und kreativ". Einst Autodidakten, glänzten die Hobbykünstler heute "mit einem ganz hohen Grad an Professionalität".

Wie gewohnt stellte Hofmann die neuen Exponate mit kraftvollen Kommentaren vor. Besonders beeindruckt hat ihn die Serie von verstörenden Clowngesichtern, die Hannelore Fent geschaffen hat. "Diese zarte Traurigkeit ist unglaublich sensibel. Man muss ihnen ins Angesicht schauen, um Existenzielles zu erfahren: Trostlosigkeit geht ins Clownhafte über."

Die verfremdeten Landschaften von Rosemarie Memmler zeigen nach Hofmanns Ansicht "Farbe und Licht in einem unglaublich differenzierten Spiel". In Albert Mittermaiers Werken erkennt der Experte hinter der "Verkörperung des Malerischen schlechthin" immer auch etwas Abgründiges. "Denn Landschaft ist mehr als nur was Schönes."

Helga Schießls Papierkreationen verzücken Hofmann. "Beim Anblick der Stelen meint man, den Wind zu spüren, der über sie streicht. Sie lassen uns erleben, was es heißt, sich von der Erdenschwere frei zu machen."

Deutlich jenseitiger, "fast unheimlich und surreal", sind die Collagen des Franz Schießl. Zuletzt integrierte er eine mumifizierte Maus in seine Kunst. Nun ist es ein Springfroschkadaver. Er schätzt es, den Lauf der Vergänglichkeit zu verzögern – egal ob bei einem Tier oder einem Stück Dachpappe. "Oft sagen Leute zu mir: ,Was ziehst denn jetzt wieder aus dem Müll!’", erzählt Schießl später. "Ich antworte dann: Die Kadaver stinken nicht. Und so lang’s nicht stinkt, ist alles in Ordnung."

Die Schau in der Schule am Brückenkopf ist bis 9. Januar von 14 bis 18 Uhr geöffnet, am Feiertag und am Wochenende von 11 bis 17 Uhr.