Keine Geschenke

Kommentar

20.07.2016 | Stand 02.12.2020, 19:31 Uhr

Immerhin, ein Hauch von Vernunft und Realismus scheint in London noch vorrätig zu sein. Der Verzicht der Briten auf die Ratspräsidentschaft in der zweiten Jahreshälfte 2017 ist die logische Folge der Brexit-Entscheidung. Auf der einen Seite in Brüssel über den Ausstieg verhandeln und um bestmögliche Konditionen feilschen, auf der anderen Seite die Regie über die Zukunftsplanung der Europäischen Union führen - eine absurde Vorstellung.

Doch scheint auch die neue britische Regierung den Ernst der Lage nicht wirklich realisiert zu haben. Der Brexit wird kein Spaziergang. Der Auszug der Briten aus dem europäischen Haus wird beide Seiten schwächen. Wenn die neue Regierungschefin Theresa May Berlin für ihren ersten Antrittsbesuch gewählt hat, mag dahinter das Kalkül stecken, Kanzlerin Angela Merkel als Verbündete für eine special relationship, eine besondere Beziehung zwischen Brüssel und London, auch in Zukunft zu haben. Doch sollte man sich in der Downing Street keinen Illusionen hingeben. Eine Partnerschaft nach dem Muster: Pflichten abgeben, aber Privilegien behalten, kann es nicht geben. Sollte Theresa May Geschenke im Berliner Kanzleramt erwartet haben, dürfte sie wohl ernüchtert nach London zurückgekehrt sein.