Unerwartete Einigkeit

Kommentar

20.07.2016 | Stand 02.12.2020, 19:31 Uhr

Es wurde viel gelacht im Juni 2015. Wieder schielte ein Quereinsteiger auf das Weiße Haus. Damals geisterten die ersten Meldungen umher, dass der schillernde Immobilienhai Donald Trump US-Präsident für die Republikaner werden möchte.

Amerika hatte sein Klatschthema. Dass sich auch seriöse - aber oftmals blasse - Politiker aus dem republikanischen Establishment in Stellung brachten, interessierte eigentlich niemanden.

Das und seine Popularität nutzte Trump gnadenlos aus, um sich mit Lügen und rassistischen Behauptungen in die enttäuschten Herzen der Wähler von Rechtsaußen zu pöbeln. Allen anderen war das Lachen inzwischen im Halse stecken geblieben, vor allem den spottenden Demokraten. Denn Trump trat seinen Siegeszug an. Vorläufiger Höhepunkt: Die Delegierten in Cleveland sprachen ihm offiziell das Vertrauen aus. Damit steht der Exzentriker in einer Reihe mit historischen Figuren wie Abraham Lincoln, Theodore Roosevelt oder John F. Kennedy.

Aber es geht noch schlimmer: Wer glaubt, dass Trump noch immer von vielen Republikanern abgelehnt wird, der irrt. Die Wogen haben sich geglättet. Das Ziel eint die Republikaner. Trump kann sich auf breite Unterstützung berufen. Die Schwelle zur absoluten Mehrheit hat er in Cleveland mit Leichtigkeit genommen. In dem Moment, als die Nominierung feststand, brauste Applaus in der Halle auf, begann die Musik zu spielen. Von den Protesten zu Beginn des Parteikonvents war nichts mehr zu sehen - was auch an den unzähligen Cowboy-Hüten gelegen haben mag.

Aber: Der Grund für die unerwartete Einigkeit liegt sicher nicht beim streitbaren Trump, sondern bei Mike Pence. Mit dem Gouverneur aus Indiana will Trump einen Mann zum Vize machen, der viele wieder ins republikanische Boot geholt hat, die der Populist zuvor vergrault hatte. Pence gilt als klassischer Konservativer, ist streng gläubig und gegen Homosexualität und Abtreibung. Trump hingegen ist dreimal verheiratet und hat den Ruf eines Schwerenöters anhaften. Bei der evangelikalen Wählerschaft vom Lande kam das nie gut an, wurde als liberal abgestempelt - was für Republikaner einem Schimpfwort gleicht.

Zudem ist Pence erfahren. Nach Jahren im Repräsentantenhaus beherrscht er den Ton in Washington. Er wird als Berater versuchen, Trump einen staatsmännischen Anstrich zu verleihen und ihn auch für die konservative Bildungsschicht erträglich zu machen. Gelingt Pence dieses Kunststück - ohne die exzentrische und erschreckenderweise erfolgreiche Art Trumps zu verwässern -, hat der rüpelhafte Milliardär endgültig eine einstmals kaum für möglich erachtete Chance gegen Hillary Clinton.