Ingolstadt
"Keine Angst vor der Digitalisierung"

Expertenrunde fokussiert gemeinsam mit Ministerpräsident Markus Söder Arbeitswelt und Technik der Zukunft

20.04.2018 | Stand 23.09.2023, 2:59 Uhr
Am Ziel: Als Markus Söder (r.) aus dem A7 stieg, der ihn autonom auf der A9 chauffiert hatte, beantwortete er Fragen. −Foto: Foto: Hauser

Ingolstadt (DK) Diese Spritztour darf man sich ziemlich lustig vorstellen:.

Auf dem Fahrersitz, die Hände nicht am Steuer: der bayerische Ministerpräsident Markus Söder. Neben ihm: OB Christian Lösel. Hinten: Audi-Personalvorstand Wendelin Göbel. Die drei wurden in einem autonom fahrenden Audi A7, Spitzname Jack , gen Ingolstadt gesteuert. Die Technik funktionierte tadellos, aber die Herren kamen trotzdem fast eine halbe Stunde zu spät zur Diskussionsrunde in der Technischen Hochschule (THI).

Kaum, dass sie die A9 verlassen hatten und der Ministerpräsident wieder selber lenken musste, seien sich Lösel und Göbel über den Weg zum Ziel uneinig gewesen, petzte Söder, sobald er ein Mikro in der Hand hielt (das Auto war offenbar Navil-los unterwegs). Rief der OB "Links. ", habe der Audi-Mann erwidert "Nein, rechts. ", verriet Söder zum großen Amüsement der Zuschauer im vollbesetzten Foyer. "Als würde man mit einem alten Ehepaar fahren. "

Der Franke brachte die beiden nur bedingt orientierungssicheren Einheimischen doch noch ans Ziel. Dort näherten sie sich der Mobilität der Zukunft dann gemütlich in der Theorie an. Von einer Couch aus.

Auf die erste Frage des Moderators Christian Gärtner (Urban Standards GmbH) setzte Söder zu einer Ode an die Moderne an. Die bayerische Moderne natürlich. Der Freistaat, forderte er, dürfe bei der Weiterentwicklung künstlicher Intelligenz "nicht nur irgendwie mitfahren, sondern muss die Nummer eins sein. " Deshalb werde in Bayern "mit viel Geld ein Verbundzentrum für künstliche Intelligenz aufgebaut". Er schätze es auch gar nicht, wenn über technische Innovationen gelächelt werde, zum Beispiel die Flugtaxis, die seine Parteifreundin Dorothee Bär, neue Staatsministerin für Digitalisierung im Bundeskabinett, in die Diskussion gebracht hat. "Das ist nicht albern. Solche Formen individualisierten Fliegens gibt es längst. " Man müsse es sich "schon ein bisschen trauen, Visionen zu haben", sagte Söder. Er erinnerte an die einst revolutionäre MP3-Technik für Tondateien. "Die wurde an der Uni Erlangen erfunden, doch das Geld haben andere damit verdient. " Allen voran Apple in den USA mit dem iPod. "Und das ärgert mich. " So etwas dürfe nie wieder vorkommen. Der CSU-Politiker sieht die Digitalisierung "vor allem als geistige Herausforderung", man dürfe diesen Prozess daher nicht nur von der Technik her denken.

Die Automobilmetropole Ingolstadt und ihre Nachbarlandkreise dürfen in dieser Entwicklung keinesfalls abgehängt werden. Das ist eine Aufgabe, der sich Christian Lösel verpflichtet fühlt: "Denn wir konkurrieren nicht mit München oder Regensburg, sondern stehen in einem weltweiten Wettbewerb, der enorm hart geführt wird. " Doch die Region sei bestens für diesen Kampf gerüstet. "Glücklicherweise haben wir alles an diesem Standort - jetzt müssen wir alles daraus machen. "

Auch Wendelin Göbel pries die Heimat von Audi mit ihren leistungsfähigen Hochschulen, den vielen innovativen Unternehmen und den Zehntausenden von "hochmotivierten und hochqualifizierten Menschen". Wo sonst auf der Welt gebe es diese großartige Kombination. "Wir von Audi fühlen uns dieser Region verpflichtet. " Und den 44000 Mitarbeitern am Standort Ingolstadt, betonte das Vorstandsmitglied. Es sei ihm sehr wichtig, den Kollegen Sorgen vor der neuen, von der Digitalisierung geprägten Arbeitswelt zu nehmen. "Deshalb haben wir eine Beschäftigungsgarantie bis 2025 gegeben. Das war mutig, soll aber auch signalisieren: Keiner braucht Angst vor der Digitalisierung zu haben. "

Zweifellos wird sich auf dem Automobilsektor vieles ändern. Oder die Transformationsprozesse sind längst in vollem Gange. THI-Professor Harry Wagner erläuterte die wichtigsten Trends: "Aus einer produktorientierten Branche wird eine Dienstleistungsbranche. Das bedeutet auch, dass der Kunde mehr im Fokus steht. " Eines müsse man wissen und akzeptieren, so der Automotive-Experte: "Wenn einer als Erster auf dem Markt ist und breiten Zuspruch der Masse findet, ist es schwer, dass Wettbewerb entsteht. So ist es kaum noch möglich, Facebook einzuholen, selbst wenn man das bessere Konzept und die bessere Technik hätte. " Zwei Lehren daraus: Bei neuen Produkten stets deren Nutzen hervorheben. Das findet auch Söder: "Der Nutzen entscheidet. " Und: Keine Angst vor der Digitalisierung.

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Christian Silvester