Ingolstadt
Kein Ikea in Ingolstadt

Geplanter Standort fällt dem Strategiewechsel des schwedischen Möbelgiganten zum Opfer

05.04.2018 | Stand 23.09.2023, 2:49 Uhr
Die Pläne für den Standort Ingolstadt, hier ein Foto von der vorgesehenen Fläche im Gewerbegebiet am Weiherfeld, hat Ikea aufgegeben. Die Region ist dem Unternehmen, das gerade einen Strategiewechsel verkündet hat, inzwischen zu klein. −Foto: Hammer

Ingolstadt (DK) Um 12.06 Uhr kommt die E-Mail, die IFG-Chef Norbert Forster das offiziell bestätigt, was er zuvor schon als Onlinemeldung des DONAUKURIER gelesen hat: Der Möbelgigant Ikea wird sich als Folge seines Strategiewechsels nicht in Ingolstadt ansiedeln. Damit wird für die Pläne auf dem 90000 Quadratmeter großen Grundstück im Gewerbegebiet Weiherfeld wieder alles auf Anfang gesetzt.

Mehr als vier Jahre lang befanden sich die Stadt und Ikea in Gesprächen. "Lange, intensive Gespräche", so beschrieb es gestern IFG-Vorstand Norbert Forster gegenüber dem DK, die wegen unterschiedlicher Preisvorstellungen schon seit Monaten gestockt hatten. Die Stadt wollte für das Grundstück an der B16, das sie dem Freistaat im Gegenzug für die Errichtung des Aufnahme- und Rückführungszentrums auf dem Gelände der ehemaligen Kaserne in Oberstimm abkaufen konnte, rund 400 Euro pro Quadratmeter. Doch Ikea weigerte sich, die insgesamt gut 35 Millionen Euro zu zahlen.

Ikea habe in den Standort an der B16 schon einiges investiert gehabt, sagte Forster. Zum Beispiel in ein Verkehrsgutachten, das jetzt, zumindest für den Konzern, hinfällig ist. Denn der Konzern will sich ab sofort vor allem auf die großen Ballungszentren und dort besonders auf die Innenstädte konzentrieren. Möbelhäuser auf der grünen Wiese − für das Unternehmen nicht mehr zeitgemäß. Der Standort im Gewerbegebiet Weiherfeld kommt damit nicht mehr in Frage, genausowenig wie irgendein anderer in der Stadt. "Wir planen kein Einrichtungshaus mehr in Ingolstadt", sagte gestern auf Anfrage eine Ikea-Sprecherin. Die gesamte Region, die der Konzern schon lange auf dem Zettel hatte, sei für die neuen, am Mittwoch verkündeten Expansionspläne in Deutschland zu klein. Die Schweden sagen Ingolstadt "Adjö!" (Auf Wiedersehen!). So werden die Bewohner der Region weiter nach Eching, Gersthofen, Fürth oder Regensburg und bald auch in den Nürnberger Süden fahren müssen, wenn sie Ikea-Möbel kaufen wollen.

Die Sprecherin betonte, dass die zuletzt stockenden Verhandlungen mit der Stadt keinerlei Auswirkungen auf die Entscheidung des Konzerns gehabt hätten. Auch Projekte, bei denen man schon weiter in der Planung als in Ingolstadt war, seien gestoppt worden, erklärte sie. "Das wäre keine Garantie gewesen." Der Expansionsplan für Deutschland sei "komplett umgedreht" worden.

Für IFG-Chef Forster bedeutet die Entscheidung eine Menge Arbeit. Ikea war der Favorit für das Gelände, auf dem der Freistaat ursprünglich ein Gefängnis errichten wollte. Der einzige Bewerber war der Konzern indes nicht. Nach einer Ausschreibung waren Ikea, der österreichische Konkurrent XXXLutz und die Küblböck-Unternehmensgruppe aus Regensburg, die auf dem Grundstück neben einem Möbelmarkt auch noch einen Supermarkt und anderes Gewerbe ansiedeln wollte, in der engeren Auswahl gelandet. Womöglich müssen die Gespräche mit den anderen Bewerbern jetzt wieder aufgenommen werden.

"Wir müssen die Karten neu mischen", sagte Forster. Die Stadt stehe nun vor der Entscheidung, ob sie das Grundstück (es muss ohnehin noch ein Bebauungsplan aufgestellt werden) − wie bei Ikea vorgesehen − in einem Stück, in Parzellen oder in einer Mischung aus beiden Modellen verkaufen will. Er mache sich jedenfalls keine Sorgen, die Nachfrage nach solchen Flächen sei sehr groß. "Und das Wichtigste für uns als Stadt ist, dass wir überhaupt noch Flächen im Angebot haben."

Die Absage Ikeas tue ihm leid, sagte Forster. Er betonte aber auch: "Sag niemals nie. So ein Konzern kann auch eine Eigendynamik entwickeln. Es gab ja schon öfter Kurskorrekturen." Denn so ganz überzeugt scheint der IFG-Chef nicht von der neuen Strategie Ikeas zu sein. Erst einmal müsse man schauen, ob die Kunden es wirklich so schön finden, beim Vollsortimenter in der Innenstadt einzukaufen − und sich dann zu fragen, wie sie die Möbel in ihr Auto bekommen, meinte Forster. "Das ist schon ehrgeizig."

 

Kommentar von Thorsten Stark

Ikea kommt nicht nach Ingolstadt. Das kann man durchaus bedauern − die Zugkraft des Konzerns ist gewaltig, und nicht nur viele Anhänger aus Ingolstadt und der Region hätten sich über einen Markt fast vor der Haustür gefreut, auch so mancher Bewohner des weiteren Umlands hätte seinen Weg hierher gefunden und womöglich seinen Einkauf mit dem Besuch der Stadt verbunden.  Es handelt sich dabei allerdings um eine strategische Entscheidung des Unternehmens. Der Stadt nun vorzuwerfen, die Ansiedlung mit ihrer harten Linie in den Verhandlungen womöglich verhindert zu haben, wie es einige selbsternannte Experten wieder tun, ist Unsinn. Nur weil Ikea ruft, muss man ein so wertvolles Grundstück nicht unter Wert verkaufen, und selbst wenn die Verhandlungen weiter fortgeschritten gewesen wären, hätte das Ikea nicht daran gehindert, einen Rückzieher zu machen, das betonte auch die Sprecherin. Vielleicht wäre dann der entstandene Schaden noch größer gewesen.

Thorsten Stark