Roth
Kämmerer beklagt Erstattungswirrwarr

Vom Bezirk fehlen noch rund 1,6 Millionen Euro für unbegleitete Flüchtlinge

29.07.2016 | Stand 02.12.2020, 19:29 Uhr

Kleiderspenden für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge: Derlei Hilfe funktioniert im Landkreis Roth; schlechter läuft es mit den Zahlungen übergeordneter Stellen an den Kreis für diese Klientel. ‹ŒArch - foto: Luff

Roth (rsc) Kreiskämmerer Jürgen Lafère klang fast verzweifelt. "Ich bin ja viel gewöhnt", erklärte der Finanzexperte des Landkreises während der jüngsten Kreistagssitzung, "aber die Abrechnung der Leistungen für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge entwickelt sich langsam zum Drama." 2,5 Millionen Euro hat der Landkreis dafür nach Angaben Lafères mittlerweile im Jahr 2016 ausgegeben.

Doch der Modus für die Erstattung sei mittlerweile "nicht mehr nachvollziehbar, weil bereits getroffene Absprachen wieder infrage gestellt werden", schimpfte der Chef der Kreisfinanzen.

Gesetzlich sei ab 1. November 2015 nämlich der Bezirk Mittelfranken zuständig. Dort habe man für den Zeitraum November 2015 bis März 2016 Kosten von 1,9 Millionen Euro geltend gemacht. Erfolgt sei bisher lediglich eine pauschale Abschlagszahlung von 620 000 Euro. So fehlten für das erste Quartal des laufenden Haushalts 1,6 Millionen Euro. Für das zweite Quartal rechne man mit Ausgaben von weiteren 900 000 Euro.

Im Kreistag lösten diese Nachrichten offenbar keine Besorgnis aus, denn die Diskussion bekam sofort eine ganz andere Richtung. Die Wendelsteiner CSU-Kreisrätin Cornelia Grießbeck bemängelte, dass sämtliche Asylbewerber im Landkreis ihr Geld an ihrem Wohnort von der jeweiligen Gemeinde ausgezahlt bekämen. Darin sah sie eine Besserstellung von Asylbewerbern gegenüber anerkannten Asylsuchenden. "Denn die müssen zum Landratsamt fahren", sagte Grießbeck. Flüchtlinge sollten aber so früh wie möglich lernen, sich mit dem Öffentlichen Personennahverkehr zu bewegen und sie hätten Zeit. "Deshalb ist es besser, wenn sie nach Roth fahren müssen, denn dann lernen sie den ÖPNV frühzeitig kennen", zeigte sich Grießbeck überzeugt.

Heftigen Widerspruch erhob der Hilpoltsteiner Bürgermeister Markus Mahl (SPD). "Wir machen das gerne, um den Menschen, die ganz frisch zu uns kommen, zu zeigen, wie es funktioniert", entgegnete Mahl. Für sie sei es einfacher, aufs Rathaus zu kommen. Ähnlich sah es Landrat Herbert Eckstein (SPD). "Ihre Anregung ist weit weg von der Wirklichkeit", wandte er sich unmittelbar an Cornelia Grießback. "Das würde mehr Probleme schaffen als lösen."

Der Spalter Bürgermeister Udo Weingart (CSU) fand es hingegen "nicht sehr optimal, wenn Zuständigkeiten nicht geklärt sind". Zugleich lenkte er den Blick auf die Zukunft der Flüchtlinge in den Gemeinden. "Wie bringen wir die Menschen unter, die anerkannt sind", fragte Weingart und gab zu bedenken, dass die Gemeinden unter Umständen gezwungen seien, das Problem über ihre Obdachlosenunterkünfte zu lösen.

Landrat Herbert Eckstein wollte dennoch am Rother Weg der dezentralen Unterbringung nicht rütteln lassen. "Je größer eine Einrichtung für Flüchtlinge, desto schwerer für die Helfer", sagte Eckstein und fügte hinzu: "Je weniger Flüchtlinge an einem Ort, desto leichter die Integration."

Ferner mahnte der CSU-Fraktionsvorsitzende Weingart an, allgemein im Landkreis die Prävention in Form von Schulsozialarbeitern zu verstärken. "Integration und Entwicklung sind für alle Jugendlichen im Landkreis wichtig", fand Weingart. "Denn hier fängt es an mit der Sicherheit", schlug er den Bogen zu den jüngsten Ereignissen in Bayern.

Der Landrat hielt auch hier die von ihm eingeschlagene Richtung für sinnvoll und erfolgreich. Dank Dezentralität habe man die Lage vor Ort gut im Griff und arbeite immer weiter an gemeinsamen Lösungen, entgegnete er auf die Anregungen der CSU. "Dazu haben wir auch Asylsozialarbeiter eingestellt", erklärte Eckstein. Integration gelinge in kleinen Einheiten am besten, dort könnten die Helfer nachhaltig für sozialen Frieden sorgen", fasste er seine Überzeugung zusammen - gab aber zugleich zu bedenken, dass es 100-prozentige Sicherheit nie geben werde.