Wellheim
Kält’n, aber keine Kelten

28.02.2011 | Stand 03.12.2020, 3:06 Uhr

Die Studentin Maria Baumann bei ihrer Arbeit an einem historischen Gürtel. Zusammen mit Andreas Walter und Kurt Scheuerer (von links) verbrachte sie ein ganzes Wochenende auf der Schutterwiese in Wellheim. - Foto: srx

Wellheim (EK) Es wirkt auf den ersten Blick skurril: Auf dem Sportplatz einer kleinen Grundschule steht mitten im Februar ein seltsames Rundzelt, in dem drei Menschen in bunten Kostümen sitzen. Es sind die Mitglieder der kulturhistorischen Gruppe "Coraces Danuvii".

Die "Interessengemeinschaft", wie sich die Gruppe selbst beschreibt, gastierte am vergangenen Wochenende auf der Schutterwiese hinter der Volksschule Wellheim. Hauptanliegen der Gruppe ist es, die Übergangszeit vom Verschwinden der Römer bis zum Ansiedeln der Alemannen möglichst historisch korrekt darzustellen. Dazu gehört auch die Klarstellung, dass es sich bei den Bewohnern des Urdonautals nicht um Kelten, sondern um Provinzialrömer handelte.
 

Kurt Scheuerer (70) aus Ingolstadt ist der Kopf der Gruppe. Der Historiker betont, dass man grundsätzlich hinterfragen müsse, ob es in unserer Gegend überhaupt Kelten gab. Er verweist dabei auf Manchinger Münzen, die entgegen der weitläufigen Vorstellung nicht dem Archetyp einer keltischen Münze entsprechen würden. Er nimmt Bezug auf den kleinen Nebenfluss der Donau, an dem sie ihr Lager aufgeschlagen haben: "Schutter ist ein germanisches Wort, kein keltisches. Heut’ Nacht gibt’s a Kält’n, aber keine Kelten".

Neben Scheurer haben sich Maria Baumann (21), Studentin aus Neuburg, und Andreas Walter (26), Informatiker aus München, entschlossen, das ganze Wochenende im historischen Gewand zu verbringen und der Kälte an einer kleinen Feuerstelle im Zelt zu trotzen. Es ist die Faszination, die sie antreibt. "Wir haben uns über ein Internetforum organisiert", bemerkt Walter. Baumann weist darauf hin, dass sie kein Verein seien, sondern eher "eine lose Gruppe, eine Interessengemeinschaft".

Baumann verkörpert eine Provinzialrömerin des ersten Jahrhunderts, die im Raum zwischen Alpen und Urdonau anzusiedeln ist. An diesem Wochenende beschäftigt sie sich vor allem mit Handwerksarbeit, speziell mit der Anfertigung von Gürteln. Sie trägt naturfarbene und feine Gewänder, weswegen sie als wohlhabend bezeichnet werden kann. Was sie von Bewohnern anderer Jahrhunderte und von den Römern jenseits der Alpen unterscheidet, sind die Fibeln, die ihre Kleider zusammenhalten. "Die Fibeln dienen als Kennzeichen der Herkunft und der Epoche. Die Kleider an sich waren über viel größere Verbietungsgebiete und Zeiträume verteilt", erklärt Scheuerer.

Scheuerer selbst ist ein einheimischer Fernhändler aus dem Jahre 211 nach Christus. Er trägt einen roten Mantel und eine Fellmütze. Die Vorstellung vom Römer in weißer Toga trifft für sein Erscheinungsbild also nicht zu: "Toga durften nur richtige Stadtrömer tragen." Er selbst ist ein Provinzialrömer, Vorbild für sein Gewand ist eine Darstellung auf einem römischen Grabstein in Augsburg. Der Dritte im Bunde, Andreas Walter, ist ein Skandinavier des achten Jahrhunderts. Dass darunter der Authentizitätsgedanke der kleinen Gruppe leiden könnte, weist Scheuerer zurück: "Ich bin Fernhändler, er ist halt einer meiner Handelspartner."

Die ausgefallene Gemeinschaft verbrachte bereits zum dritten Mal ein Wochenende in Wellheim. Sie scheut dabei auch nicht die kälteste Jahreszeit. Auf die Frage hin, ob man in der Nacht Gefahr läuft, sich zu erkälten, entgegnet Walter: "Wenn es einem zu kalt wird, wacht man von selbst auf und legt neues Holz nach." Neben solchen Wochenenden veranstalten die Coraces Danuvii alle zwei Jahre am Dohlenfelsen in Konstein das so genannte Urdonautalfest. Dabei werden neben kleinen schauspielerischen Darstellungen vor allem Handwerksvorführungen gezeigt. Wer sich selbst davon überzeugen möchte, kann die Römer beim nächsten Urdonautalfest 2012 in Konstein besuchen oder sich schon vorab im Internet unter www.urdonautalfest.de darüber informieren.