Eichstätt
"Julia" frei nach Shakespeare

Oberstufen-Theatertruppe des Gabrieli-Gymnasiums präsentierte ihr neues Stück

19.04.2019 | Stand 23.09.2023, 6:42 Uhr
Anna Kehl
Die Oberstufen-Theatergruppe des GG überzeugte mit ihrer "Julia". −Foto: Konrad Hößl

Eichstätt (EK) Tanzt der Tod leidenschaftlich einen langsamen Walzer, empört sich ein betrunkener Vater lautstark über seine lesbische Tochter und wird ein Monolog über bedingungslose Liebe zur Ode an Kartoffelchips: Mit solch einer lockeren Szenenfolge, die auf der bekannten Liebesgeschichte beruhte, gelang der Theatergruppe der Oberstufe des Gabrieli-Gymnasiums ihre abwechslungsreiche, mal romantische, mal tragische, mal komische Shakespeare-Adaption "Julia".

20 Oberstufenschülerinnen und ein Oberstufenschüler um die Spielleiter Johannes Wild und Jenny D'Amico zeigten in großen Bildern, dass die Liebe einfach nicht klein beigeben will, sich der Hass immer wieder zu großen Wellen aufschaukelt und am Ende keiner ohne Blessuren erwachsen wird.
Die Bühne der Aula, und darauf Podeste, die es den Spielern ermöglichten, sich auf vier verschiedenen Ebenen zu bewegen, war zu Beginn ebenso in völliges Weiß gekleidet wie die Schauspieler selbst. Während des Stücks jedoch nahmen bei den Kämpfen die Sieger den Besiegten jeweils symbolisch die "blutigen", rot glänzend lackierten Schuhe ab, deren Menge stetig anwuchs und die das Publikum die zugrunde liegende hasserfüllte und aggressive Atmosphäre nicht vergessen ließ.
Der primitive Hass zwischen zwei verfeindeten Familien prägte auch die Szene "Battle mit Thybalt", in der Romeo nervös, doch mit guter Absicht das Haus der Feinde aufsucht, um die Wogen zu glätten, doch auf harte Ablehnung trifft. Durch die recht tabulose Wahl der Beleidigungen lag schnell klar ein Gefühl von prickelnder Bedrohung in der Luft. In "Suff und Sorgen" schlüpften die jungen Schauspielerinnen in die Rolle frustrierter Väter und stellten bodenlose Forderungen nach Anpassung an ihre Töchter, wüteten über deren Widerstand, bis letztendlich einem der Väter ein Licht aufging: Sie müssten ihren Töchtern "einfach mal so richtig den Marsch blasen", was aber in einer aberwitzigen Parodie auf eine Militärblaskapelle mündete. Beschränkte Sicht und Angst vorm Neuartigen unterstrich nochmals die skurrile Situation um die verbotene Liebe zwischen Julia und Romeo.
Neben den Geschichten von tiefem Hass brachte unter anderem ein "Liebesgarten" den Betrachter zum Schmunzeln, indem er überzogen eine Traumwelt durch die Augen des frisch verliebten Liebespaars darstellte, in der nur die Vornamen "Romeo" und "Julia" reichten, um die junge Liebe zu zeigen: mal ganz kindlich geflötet, zwischen Luftschlössern und Tagträumen beim Räderschlagen, zwischen trällernden Amoretten, schnuppernden Kaninchen oder zwei Flamingos, mal neckisch geflüstert, mal verführerisch-entrüstet gerufen. Bis dann mit der Frage "Wie heißt du eigentlich mit Nachnamen?" die zuckersüße Wunschvorstellung abrupt unterbrochen wird und die Traumwelt in sich zusammenfällt. Den Überblick in den elf Szenen behält der Zuschauer, weil die Figur des Todes souverän die Aufgabe des Erzählers übernimmt und in Reimform die Handlung des Stückes mit subtiler Gesellschaftskritik, den Schalk im Nacken habend und schonungslos ehrlich begleitet. Diese Texte, wie viele andere Teile des Stückes auch, stammen aus der Feder von Hanna-Lena Pizzinini (Q 11), die alle Register zieht, von berührend romantisch über ironisch kommentierend bis brachial realistisch.
Gespiegelt wurde die Thematik auch durch authentische Monologe, in denen sechs Mädchen verschiedene Vorstellungen von bedingungsloser Liebe präsentierten: Hier blickte man durch die Augen der jungen Talente auf das doch unerwartet komplexe Thema.
In "Julia" wurde das Publikum eingeladen, durch die Augen eben eines jungen Mädchens, das mit unsinnigen Forderungen während des Erwachsenwerdens konfrontiert wird, auf eine Liebesgeschichte zu blicken, die keiner Küsse bedarf, um ihre Aufrichtigkeit zu beweisen. Die Truppe beeindruckte vor allem durch den Mix aus Tiefgang, Spielfreude und jugendlicher Leichtigkeit. Der verdiente Applaus vor einem Haufen bunter Requisiten galt einer harmonischen Theatergruppe und einem gewohnt souverän agierenden Technikteam.

Anna Kehl