Eichstätt
Johnny soll man "blind" vertrauen

01.09.2011 | Stand 03.12.2020, 2:27 Uhr

Einfach unten durchschlüpfen geht nicht: Heike Spörl achtet sehr darauf, dass Johnny sich an die Regeln hält, damit er später auch einmal „seinen“ Blinden sicher führen kann.

Eichstätt (DK) „Such die Bank! Johnny, such die Bank!“ Diesen Befehl gibt Heike Spörl dem jungen Labrador am liebsten. Denn wenn der Hund die Bank gefunden hat, dann „muss“ Frauchen sich auch setzen: „So sieht der Hund den Sinn.“ Und das ist wichtig. Denn Johnny soll einmal ein Blindenführhund werden.

Die Eichstätter Familie Spörl hat die Patenschaft für Johnny übernommen. Er wohnt bei ihnen auf dem Seidlkreuz, gehört aber nach wie vor der Neuburger Hundeschule Seitle. Die hatte im Januar in der Zeitung Patenfamilien gesucht, die Labrador-Welpen für ein Jahr zu sich nehmen wollen – ein ganz besonderer „Leihhund“ also. Und Heike Spörl (39) hat nicht lange überlegt: „Das will ich machen.“

Die drei Buben Manuel (13), Marcel (10) und Marco (7) waren sofort begeistert von der Idee. Bei Ehemann Alexander (44) dauerte es mit der Zustimmung etwas länger, denn eigentlich war er gegen den vierpfotigen Dauergast: „Zuerst wurde ich überstimmt, aber jetzt bin ich umgestimmt“, lacht er. Und der Johnny sei schon wirklich ein netter.

„Der Hund hat uns ausgesucht“, erinnert sich Heike Spörl an die erste Begegnung mit dem schwarzen Labrador-Welpen, der damals, im Februar, zwölf Wochen alt war. Familie Spörl war nach Neuburg zur Hundeschule gefahren und hatte sich zwei junge Hunde angesehen: „Der Johnny ist sofort zu uns her, der andere Hund, ein Mädel, hat uns total ignoriert.“

Freilich sind sich die Spörls der Verantwortung bewusst. Denn der junge Hund muss möglichst gut und konsequent erzogen werden. Ein Job für Hundeprofis also? Weit gefehlt: „Wir hatten vorher noch nie einen Hund, wir sind absolute Anfänger“, erzählt Heike Spörl. Aber in der Hundeschule Seitle hat man das nicht als Manko angesehen, im Gegenteil. „Dadurch, dass wir uns nicht für Profis halten, setzen wir die Tipps der Hundeschule wahrscheinlich besser um“, meint Heike Spörl.

Der Kontakt nach Neuburg bleibt während des Patenjahres eng. Zwei Mal wöchentlich fährt Heike Spörl mit Johnny in die Hundeschule. „Dabei geht es um die gängigsten Befehle“, erklärt sie: „Sitz!“, „Fuß!“, „Langsam!“ oder eben „Such die Bank!“ – jener Befehl, der dem Frauchen beim Gassigehen an der Altmühl immer eine kurze Rast beschert.

In der Patenfamilie wird der Labrador aber noch nicht zum Blindenführhund – die Spezialausbildung folgt später (siehe Informationskasten). In der Patenfamilie soll er vielmehr konsequent und zuverlässig mit Alltagssituationen vertraut gemacht werden: Briefkasten und Ampeln erkennen, nicht durch Absperrungen schlüpfen, sich nicht von Enten oder anderen Hunden vom Weg abbringen lassen, Dinge, mit denen er dann später einmal „seinem“ Blinden das Leben erleichtern kann.

Heike Spörl wirkt da völlig souverän, kaum zu glauben, dass sie erst seit einem halben Jahr „auf den Hund gekommen“ ist. „Wir bekommen ja auch jede Hilfe von der Hundeschule, die lassen einen wirklich nicht allein“, beschwichtigt sie. Und selbstverständlich wird der Unterhalt – auch Fahrtkosten und Verpflegung – von der Schule übernommen.

Der ständige Kontakt zur Hundeschule macht den Spörls aber auch klar, dass ihre Tage mit Johnny gezählt sind: „Wenn ich den wieder hergeben muss, das wird schon schlimm“, sagt Heike Spörl. „Aber wenn ich weiß, dass Johnny dann einem Blinden zu mehr Lebensqualität verhelfen kann, dann wird’s schon gehen.“

Die einzige Chance, ihn für immer zu behalten, wäre, dass Johnny seine Ausbildung nicht erfolgreich abschließt. Dann hätte die Familie Spörl das Vorkaufsrecht, was sicher kein billiges Vergnügen wäre: Als ausgebildeter Blindenhund ist Johnny 23 000 Euro wert. Aber wer will Zuneigung schon in bloßen Zahlen messen? „Wir wünschen ihm auf jeden Fall, dass er ein toller Blindenhund wird und dass er jemanden helfen kann“, meinen auch die Kinder.