Hilpoltstein
Joghurt macht müde Kälber munter

Gäste aus Polen besuchen im Landkreis Roth bäuerliche Betriebe mit Ambitionen auf Ökolandbau

19.02.2013 | Stand 03.12.2020, 0:29 Uhr

Die Ställe des Familienbetriebs in Hagsbronn zeigt der Landwirt Franz Scheuerlein (links) den polnischen Gästen. Die Rinder kommen dort in den Genuss automatischer Grundfütterung, die Kühe erfreuen sich zudem an den Diensten eines Melkroboters - Foto: Leykamm

Hilpoltstein (HK) Das Interesse am ökologischen Landbau wächst europaweit, sowohl seitens der Verbraucher als auch der Landwirte. Gäste aus Polen nutzten die Chance für eine Rundreise durch den Landkreis Roth und statteten einigen seiner Agrarbetriebe mit Ökoambitionen einen Besuch ab.

Am Tag der Anreise sah sich die rund 40-köpfige Delegation aus der Woiwodschaft Niederschlesien erst einmal nördlich von Nürnberg am Ökohof Klischewski in Hartenstein um. Nach einer ruhigen Nacht in mittelfränkischen Betten ging es dann weiter nach Neppersreuth, wo natürlich ein Besuch bei „Schnell’s Kürbiskerne“ auf dem Programm stand.

Dort versteht man es nicht nur, hochwertige Öle aus der Kulturpflanze zu pressen, sondern auch aus deren Kernen leckere Naschkreationen zu zaubern. Da wollten die Besucher aus dem östlichen EU-Nachbarland gar nicht mehr so schnell weg.

So rückte die Truppe mit leichter Verspätung am Betrieb der Hagsbronner Landwirtsfamilie Scheuerlein an, die gerade auf ökologischen Landbau umstellt. Im April diesen Jahres soll die Zertifizierung erfolgen. Die GbR des Spalter Ortsteils ist in den Medien keine Unbekannte: Denn hier leistet nicht nur ein Melkroboter seinen wertvollen Dienst, sondern auch die Versorgung mit Grundfutter läuft automatisch, was weit und breit seinesgleichen sucht und breites Medienecho fand.

Der neueste Clou: Die Kälber kommen hier in den Genuss eine Joghurttränke. Das steigert die Arbeitseffizienz und ist obendrein gesundheitsfördernd für die Tiere – und damit gerade bei Ökobetrieben sehr beliebt. Die Scheuerleins demonstrieren mit ihrer Art der Betriebsführung eindrucksvoll, dass sich „der Einsatz von Technik und ökologische Bewirtschaftung nicht ausschließen müssen“, wie Hans Walter den Gästen aus dem östlichen EU-Nachbarland deutlich machte.

Der Leiter der Abteilung Bildung und Beratung am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Roth zeigte sich sehr erfreut über das große Interesse der Niederschlesier. Bei deren Reise nach Mittelfranken handelte es sich übrigens bereits um einen Rückbesuch. Denn schon im vergangenen Jahr war eine mittelfränkische Delegation in den Verwaltungsbezirk mit der Hauptstadt Breslau gereist.

Die Idee zum wechselseitigen fachlichen und kulturellen Austausch hatte 2011 Walter mit einer polnischen Kollegin ausgeheckt. Beim Treffen zum 50-jährigen Jubiläum der „Internationalen Akademie für landwirtschaftliche Berater“ (IALB) saß er in Landshut mit Anna Terlecka vom Marschallamt der Woiwodschaft Niederschlesien beim Frühstück zusammen. Und beide besiegelten bei einem Schluck Kaffee ein neues Kapitel deutsch-polnischer Beziehungen.

Im vergangenen Jahr erfolgte ein erster Besuch in Niederschlesien, wobei das Interesse nicht nur den Agrarbetrieben, sondern auch Kulturgütern wie Kirchen galt. Beim Besuch in Mittelfranken war dafür die Zeit etwas zu knapp. Schließlich galt es ja auch, die Messe Biofach in Nürnberg zu erkunden.

Zur Krönung des Besuchs stand ein Abstecher zum Kloster Plankstetten auf dem Programm. Und dort konnten zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden. Gibt es dort doch nicht nur Kultur und geistliche Auferbauung in Reinform zu erleben. Vielmehr versteht man sich hier auch seit langem schon auf ökologischen Landbau.

„Ich bin positiv beeindruckt“, erklärte Anna Terlecka in Hagsbronn. Die Delegation aus Polen könne viele gute Impulse mit nach Hause nehmen, „solche Studienreisen sind extrem wichtig“, befand sie. Man habe sich „über die Ländergrenzen kennen und schätzen gelernt,“ bekräftigte auch Hans Walter.

Und man zieht gemeinsam an einem Strang in eine Richtung. Denn die Zahl der ökologisch genutzten Fläche wächst hier wie da: im Landkreis Roth wie in der Woiwodschaft Niederschlesien. Ein weiterer Besuch in Niederschlesien ist übrigens schon in Planung.