Ingolstadt (DK) Am Klinikum werden pro Jahr etwa 20 000 Patienten ambulant oder stationär operiert. Da fällt eine Menge schmutziges Besteck an. Die wertvollen OP-Instrumente werden im eigenen Haus gereinigt. Frauenarbeit ist das – aber nichts für zartbesaitete Gemüter.
Die Zentralsterilisation befindet sich im Keller des Hauses und untersteht mit ihren 27,5 Planstellen Margit Grund, Prokuristin und Leiterin der Abteilung Service und Dienstleistungen. "Über allem schwebt das Infektionsschutzgesetz", sagt sie über die vielen Paragrafen und Vorschriften, die beim Skandal um verschmutztes OP-Besteck in Münchner Kliniken ganz offensichtlich versagt haben.
Am Klinikum Ingolstadt passiert so etwas nicht, heißt es dort. Margit Grund hält allenfalls im Ausnahmefall Verschmutzungen am einzelnen Instrumentarium für möglich. "Null Fehler – so eine Aussage ist nicht realistisch. Es kann beispielsweise passieren, dass einem Mitarbeiter bei der Sichtung etwas durch die Lappen geht. Aber man spricht dann im Fachjargon von sterilem Dreck. Denn falls da ein Blutspritzer übersehen wird, so ist der am Ende auch durchsterilisiert."
In einem Aufzug werden die Rollwagen mit den gebrauchten Instrumenten direkt aus den Operationsbereichen in die Zentralsterilisation transportiert – zunächst in den unreinen Bereich. Grober Dreck und harte Verkrustungen – Gewebereste in Absaugrohren etwa oder Knochensplitter an Bohrern – müssen eingeweicht und mit der Hand abgeschrubbt werden. Dann werden die Instrumente sortiert und wandern in die so genannte Dekontaminations-Waschmaschine – eine Art Geschirrspüler, nur etwas komplizierter und kostspieliger: "Wir haben ein neues Gerät angeschafft, bei dem man alle Prozesse durch Glasfenster beobachten kann", erklärt Robby Mehmetovic, kommissarischer Leiter der Zentralsterilisation. "Das Ding kostet so um die 150 000 Euro."
Die Instrumente wandern dann wie in einer Waschstraße in den reinen Bereich, wo die eigentliche Arbeit beginnt. Die Beschäftigten, meist Frauen, nehmen jedes Teil in die Hand und beäugen es von allen Seiten, ob es wirklich sauber ist und auch gut funktioniert. "Die Gelenke von Scheren und Zangen müssen ja immer leichtgängig und konform sein", erklärt Grund.
Nach der Prüfung werden die Instrumente in Siebkörbe sortiert, und zwar exakt so angeordnet, wie sie bei verschiedensten Operationen zur Hand sein müssen. Listen oder Abbildungen auf Computerschirmen dienen den Mitarbeiterinnen dabei als Vorlage. Für eine Hüftoperation beispielsweise werden bis zu 14 solcher Siebe mit den verschiedensten Gerätschaften benötigt.
Jede Mitarbeiterin und jedes Körbchen verfügt über einen Barcode, der am Ende gescannt wird. So lässt sich genau nachvollziehen, wer um welche Zeit welches Sieb gepackt hat. Jedes wird dann in ein Stofftuch gewickelt und landet in einer luftdurchlässigen Metallbox, die verschlossen und auf einem Wagen platziert wird.
Diese voll beladenen Wagen rollen dann am Schluss durch den Dampfsterilisator. "Dort bleiben sie genau eine Stunde und zehn Minuten", erklärt Mehmetovic. "Die eigentliche Sterilisation dauert fünf Minuten bei 134 Grad." Über einen Bildschirm kontrolliert der Leiter ständig die Zeiten, Temperaturen und den Druck in der Kabine. Nach der Prozedur rollen die Wagen dann direkt zurück in die OP-Bereiche.
Früher war die Arbeit im Steri-Bereich nicht sehr angesehen. "Viele ekeln sich ja vor blutverschmiertem OP-Besteck", sagt Margit Grund. "Wir vermitteln unseren Leuten aber, dass sie genauso wertvoll sind wie die Operateure. Außerdem haben sie mit beträchtlichen Warenwerten zu tun: So ein OP-Sieb für eine Knieoperation kostet bis zu 35 000 Euro – der Wert eines Autos." Neue Mitarbeiter durchlaufen einen Basislehrgang, der einmal im Jahr stattfindet, darüber hinaus gibt es Fortbildungen. "So sind wir auf einem sehr guten Ausbildungsstand, und die Leute haben auch die Chance, mehr Geld zu verdienen", so Grund. Seitdem drängen auch immer mehr Männer in die einstige Frauendomäne.
Nach Auskunft von Margit Grund fallen am Klinikum pro Jahr rund 80 000 Sterilgut-Einheiten an. Zur Kontrolle werden in regelmäßigen Abständen Proben darunter gemischt, die mit Sporen verunreinigt sind. Nach Auskunft von Grund verliefen diese Tests bisher immer erfolgreich. "Jeden Mittwoch haben wir außerdem ein Gespräch mit den Leuten aus dem OP-Bereich zur Qualitätssicherung." Eine Zertifizierung der Abteilung sei nächstes, ehrgeiziges Ziel.
Natürlich könnte am Klinikum auch das Sterilgut der anderen, kleinen Krankenhäuser der Region gereinigt werden. Aber es gab noch keine Anfragen. "Wir haben nie daran gedacht, diesen Bereich auszulagern", erklärt Walter Schiffers, Verwaltungsleiter der Klinik Dr. Maul. "Der Transport von Sterilgut ist doch schwierig."
So verfügt die Privatklinik über drei eigene Steri-Fachkräfte, die regelmäßig geschult werden. "Außerdem wird das Verfahren ständig automatisch kontrolliert", betont Walter Schiffers. "So sind Infektionen, die erst in der Klinik entstehen, sehr selten." Pro Jahr werden an der Maul-Klinik zwischen 2800 und 3000 Patienten operiert.
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