Ingolstadt (DK) Der Lebenshunger der Natur, die knospende Fülle ringsum laden förmlich dazu ein, diese Urkraft der Schöpfung in Töne einzufangen. Carolyn Breuer ist nicht die erste Komponistin, die diesen unwiderstehlichen Ruf des Frühlings in Klänge festschreibt und Arrangements daraus formt.
Doch die jazzbesessene Münchnerin lässt dieses jährliche Frühlingserwachen aus ihrem Saxofon sprießen und umrankt dabei mehr als nur eine Jahreszeit. „Four Seasons Of Life“ nennt sie ihr ambitioniertes Vorhaben, mit dem sie zusammen mit 14 Musikern die vier Jahreszeiten des Lebens von der Bühne des Museum mobile aus beschreibt.
„Vier Jahreszeiten, wie ich sie mir vorstelle“, stimmt sie ihr Publikum schon mal auf den Abend ein. Die Tochter des Pianisten Hermann Breuer hat ihren Vater mit dabei, und für die ersten Klänge stehen nur die beiden auf der Bühne. Carolyn Breuer hat dem zweiten Satz „Andante con moto“ aus Schuberts 5. Sinfonie ein jazziges Kleid übergezogen, das im Duett zwischen Piano und Sopransaxofon die gewaltigen Energien von Jazz und Klassik fühlen lässt. Nur in einer kurzen Sequenz scheint die Abstimmung zwischen Tochter und Vater, zwischen Saxofon und Piano unausgewogen. Ansonsten ist es die große Stärke von Carolyn Breuer, ihre feinsinnige Musik sowohl im Duett als auch in großer Besetzung mit Streichern, Blechbläsern und Rhythmusgruppe mit enormer Klangfarbe, Sensibilität und sinnlicher Melodienführung zu positionieren.
Zwei Kompositionen gönnt sie jeder Jahreszeit. Zumeist stammen sie aus ihrer eigenen Feder, ein paar wurden von ihrem Bandkameraden Roger Janotta arrangiert. Ihre Sommer-Sequenz weicht den zarten Frühlingsklängen und gibt das gleißende Sonnenlicht mit scharfkantigen Schattenwürfen wieder. Trompetensätze, mit denen sich Ralf Hesse immer wieder bravourös und feinfühlig einflicht, Streicherflirren um die Geigerin Kathi Korn, kontinuierliche Pianountermalung und natürlich die brodelnden Skalierungen des federführenden Saxofons lassen die Sommerhitze spüren.
Carolyn Breuer verschmilzt mit ihrem Instrument, trägt den Tönen mit wippenden Knien und geschlossenen Augen vielschichtige funkelnde Farben auf. Die Herbsttöne mit aufkeimender November-Melancholie und süßen Streicherklängen dazwischen prägen eine ganz andere Stimmung. Dazu passt auch ein Duett mit Kathi Korn nach Klängen von Astor Piazzollas „Oblivion“.
Der letzte Konzertabschnitt ist naturgemäß dem Winter gewidmet. „Es ist mir schwergefallen, mir dazu etwas vorzustellen. Aber ich sehe einen alten Mann, der durch den fallenden Schnee stapft“, erzählt Carolyn Breuer ihrem Publikum als Einstimmung – und merkt erst durch das Lachen des Publikums, wie ihr Vater mit gebeugten Schultern die Szene hinter ihrem Rücken parodiert. Es ist einer der heiteren Augenblicke in dem so fesselnden wie persönlich-intim erlebten Konzertabend im Audi-Forum. Mit einer feinsinnigen Bearbeitung des Jazz-Standards „Willow Weep For Me“ für Streichquartett und Sopransaxofon, in der sie im Gegensatz zur Schubert-Anfangssequenz eine Jazz-Komposition hin zur Klassik rückt, endet der Abend mit langem Beifall.
Eine geforderte Zugabe ist für sie und ihre Musiker – trotz nur vier verfügbaren Jahreszeiten – kein Problem. In einer weiteren Eigenkomposition fassen die Instrumentalisten scheinbar noch einmal alle Sequenzen zusammen.
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