Ingolstadt
Islam für Anfänger

13.04.2010 | Stand 03.12.2020, 4:06 Uhr

Ingolstadt (DK) Im Rahmen der 26. Kabaretttage kam ein Künstler nach Ingolstadt, der selbst mit seiner Familie eine der angesehensten Kabarettbühnen Deutschlands, "Die KäS" in Frankfurt, betreibt: Sinasi Dikmen. Mit seinem Programm "Islam für Anfänger" unterhielt der Türke das Publikum in der ausverkauften Neuen Welt aufs Interessanteste.

Gleich zu Beginn konfrontiert Dikmen die Zuhörer mit dem Zitat eines Kinderlieds: "C-A-F-F-E-E, trink nicht so viel Kaffee. Nicht für Kinder ist der Türkentrank, schwächt die Ner- ven, macht dich blass und krank. Sei doch kein Muselman, der das nicht lassen kann." Zum Abbau dieser und vor allem auch religiöser Vorurteile wünscht sich Sinasi Dikmen eine "große Glaubenskoalition" und ein "gemeinsames Brainstorming der Abrahamsreligionen" Islam, Christentum und Judentum. So lernt das Publikum die Säulen des Islam kennen, erfährt, dass "Ramadan statt Fitnesswahn" ein Fasten ohne Jojoeffekt, aber dafür mit nächtlichen Ausschweifungen ist und wie Religion als globale Wirtschaft funktionieren könnte.

Ist Gott Demokrat?

Sinasi Dikmen überlegt, worauf Gott steht und ob er Demokrat ist, weist auf Pharao Echnaton als Erfinder des Monotheismus hin und stellt fest, dass sich Nonnen, die zum Islam konvertieren, noch nicht mal groß umziehen müssten. Dikmen reflektiert satirisch und hinterfragt humorvoll die Auswirkungen der Religionen auf die Menschen, welche diesen angehören. So liest er verschiedene fiktive Briefe vor, unter anderem den einer Frau, die in ihrem Mann einen "anonymen Moslem" vermutet und den eines Mannes, der seine Frau und die drei Töchter zu unterwürfigen Musliminnen erziehen möchte.

Grönemeyer als Muezzin

Schließlich schlüpft er auch in die Rolle eines Predigers und verliest eine Hasspredigt, deren Inhalt sich als Text aus dem Alten Testament entpuppt und nicht, wie man aufgrund von Vorurteilen vermuten könnte, aus dem Koran. Sinasi Dikmen erzählt von islamverdächtigen Politikern und prominenten Überläufern: "Herbert Grönemeyer arbeitet anonym in Kreuzberg als Muezzin."

Herrlich ist die Nummer, in der Dikmen seinen Neffen Mehmet ein multikulturelles Friedensfrühstück, quasi einen "Bewusstseins-Brunch" ausrichten lässt. Lebhaft schildert er die Diskussion über die Ethik von Lebensmitteln. Dikmen sieht die Aleviten als "Kuschelvariante der islamistischen Gruppierungen" und stellt fest, dass die Türken ja bereits 1529 und 1683 in Wien ihren EU-Beitrittsantrag persönlich vorgebracht hätten.

Sinasi Dikmen versteht sein Programm als kabarettistische Anleitung und bietet somit einen polemisch-informativen Abend mit vielen Lachern.