Sascha Anspichler, Geschäftsführer der Financial Planning Asset Management GmbH aus Freiburg, im Gespräch mit biallo.de über die Auswirkungen der Niedrigzinspolitik der EZB auf Baufinanzierungen und die Möglichkeit negativer Kreditzinsen.
Herr Anspichler, Sie prophezeien negative Kreditzinsen. Unter welchen Voraussetzungen können diese eintreten?
Anspichler: Damit negative Darlehenszinsen eintreten können, müssen die sogenannten Wiederanlagezinsen so stark fallen, dass diese die Bankenmargen übersteigen. Bereits jetzt gibt es bei Wiederanlageprodukten wie Pfandbriefen Negativzinsen. Die Bankenmarge ermittelt sich aus den kalkulatorischen Kosten und dem kalkulierten Gewinn für die Bank. Geht man aktuell von einer Bankenmarge von 0,7 Prozent aus, wären Negativzinsen bereits ab Pfandbriefrenditen von unter minus 0,7 Prozent möglich. Bei Pfandbriefrenditen von minus 0,8 Prozent stünden die Baufinanzierungszinsen rechnerisch bei minus 0,1 Prozent.
Wann könnte dieser Punkt erreicht sein?
Anspichler: Sollten zehnjährige Pfandbriefrenditen genauso rasant fallen wie in den letzten drei Jahren, hätten wir vermutlich bereits im Jahr 2018 negative Darlehenszinsen bei Baufinanzierungen mit zehnjähriger Zinsfestschreibung. Dieses Szenario würde umso schneller eintreten, je schlechter die europäische Konjunktur läuft. Die EZB wäre gezwungen, die Zinsen in den tiefroten Bereich zu drücken und das Anleihekaufprogramm nochmals zu forcieren.
Wie muss man sich das in der Praxis vorstellen? Werden die Banken dann Kreditnehmern Geld auszahlen?
Anspichler: Ja, eine Zinsgutschrift anstatt einer Zinsbelastung ist ohne weiteres umsetzbar.
Was bedeutet das für Immobilienkredite? Werden Banken die Kreditgestaltung verändern?
Anspichler: Schaut man sich die Situation bei Negativzinsen für Bankeinlagen an, stellt man fest, dass sich die Banken schwer tun, diese zu berechnen. Sie suchen nach Ausweichmöglichkeiten und heben lieber die Gebühren an, um den Kunden keine Negativzinsen ausweisen zu müssen. Bei Baufinanzierungen sind negative Reaktionen nicht unmittelbar zu befürchten. Daher sind Zinsgutschriften durchaus wahrscheinlich. Veränderungen bei der Kreditgestaltung muss es aber bei der Bonitätsprüfung bzw. der Wirtschaftlichkeitsprüfung von Bauprojekten geben. Hier gehe ich von strengeren Kriterien und einer Ausweitung der Prüfungsorgane innerhalb der Banken aus. So muss eine Finanzierung wirtschaftlich auch fortgeführt werden können, wenn die Zinsen wieder steigen. Gut möglich, dass die Banken die kalkulierten Kosten etwas erhöhen, um den erhöhten Aufwand zu kompensieren.
Welchen Einfluss haben negative Darlehenszinsen auf die Immobilienpreise?
Anspichler: Fallende Zinsen haben in den letzten Jahren zu steigenden Immobilienpreisen geführt. Negative Darlehenszinsen werden an dieser Entwicklung nichts ändern. Allerdings bleibt abzuwarten, wann bei den Verbrauchern die Schmerzgrenze bezüglich der gestiegenen Immobilienpreise erreicht ist. Hier werden u.a. die Konjunktur bzw. die Arbeitsmarktsituation Einfluss nehmen.
Was passiert, wenn die Zinsen wieder steigen?
Anspichler: Steigende Zinsen wird es erst geben, wenn die europäische Konjunktur aus eigener Kraft floriert und das Inflationsziel von mindestens zwei Prozent erreicht ist. Falls die Zinsen nur moderat steigen, wären vorübergehend weiter steigende Immobilienpreise vorstellbar. Vermutlich würden die Verbraucher aus einer Euphorie heraus an Immobilien zur Kapitalanlage bzw. Altersvorsorge festhalten. Deutliche Zinserhöhungen über einen längeren Zeitraum sollten zu fallenden Immobilienpreisen führen, insbesondere dann, wenn Immobilien in Boom-Phasen auf Vorrat gebaut werden und dem großen Angebot dann eine rasch fallende Nachfrage gegenüberstünde.
Baugeld-Vergleich: Verschaffen Sie sich einen Überblick über die aktuellen Baugeldkonditionen überregionaler und regionaler Anbieter." domain="www.donaukurier.de" class="more" target="_blank"%>
Artikel kommentieren