Ingolstadt
Innenansichten

Michael Fitz beim "Dialektig"-Festival

27.11.2018 | Stand 23.09.2023, 5:13 Uhr
Unaufgeregtes Kabarett: Michael Fitz in der Kleinkunstbühne Neue Welt. −Foto: Leitner

Ingolstadt (DK) Es mag ja durchaus Leute geben, die würden Michael Fitz für langweilig halten.

Nur ein Geschichtenerzähler und Sänger mit Gitarre und sonst nichts? Kein Gehampel auf der Bühne, weit und breit keine Party? Für Menschen mit derlei Erwartungen ist er tatsächlich nichts, dieser Michael Fitz. Aber langweilig? - Ganz und gar nicht. Sein Auftritt im Rahmen des "Dialektig"-Festivals in der Neuen Welt beweist das genaue Gegenteil.

Freilich sind Stücke wie "Du siegst mi net" oder "Was I bin" keine einfache Kost, das gibt auch Fitz gerne zu, und "Heit" sei zwar ein Liebeslied, aber eben eines nach Art "von hinten durch die Brust ins Auge". Dafür geben Stücke wie diese unverstellt den Blick frei in das Innenleben eines Künstlers, der seine Gedankenwelt offenlegt und seinem Publikum mitteilt, was ihn bewegt und warum. "Hinter meiner Stirn" habe er geschrieben, um mal wieder den Kopf auszulüften, in "Hinterm Zaun" geht es um den Mut zum Risiko und die gleichzeitige Angst davor. Fitz ist Liedermacher, Songpoet und nachdenklicher Beobachter seiner selbst und der Welt um ihn herum. Die Inhalte seiner Geschichten entspringen in der Hauptsache nicht konkret greifbaren Ereignissen, sondern seiner Gedankenwelt und sind deswegen nicht eben einfach konsumierbar. Man muss sich schon auf sie einlassen, man muss mitdenken. Wenn Fitz seine Themen zu Songtexten verdichtet, werden sie zu sprachlich wie musikalisch anspruchsvollen Statements, die nachdenklich stimmen, zum Schmunzeln anregen und bisweilen vielleicht sogar das eigene Empfinden widerspiegeln.

Politisch ist er schon auch, etwa bei "Eng" oder beim "Bsuach", worin es um die Willkommenskultur geht. Aber das Politische ist nicht sein Hauptanliegen, wohl aber die Schwierigkeiten bei der Orientierung des Einzelnen in einer Welt, in der man sich auf nichts mehr wirklich verlassen kann, es geht um dessen Verzweiflung, Hoffnungen, Zwänge und Nöte, ums Zulassen von Gefühlen und das Risiko der Verletzbarkeit, um Innenansichten eines Menschen, der nun mal mit seiner Außenwelt zurechtkommen muss, ob er will oder nicht.

Einmal im Programm holt Fitz ganz weit aus, spannt einen riesigen Bogen von den Anfängen der Menschheit bis in die Gegenwart, sieht sich selbst als mikroskopisch kleinen Teil in einem unendlichen zeitlichen Kosmos. Betrachtet man das eigene Leben und das eigene Tun aus diesem Blickwinkel, bekommt vieles eine komplett neue Wertigkeit und man wird man unweigerlich nachdenklich. Nicht immer ist man in der richtigen Stimmung, dies zu tun. Michael Fitz lädt dazu ein, es trotzdem einfach mal zu wagen. Und seine ruhige, unaufgeregte Art bewirkt, dass es sich gut anfühlt.

Karl Leitner