Jetzt
Inflation der Orden

14.01.2016 | Stand 02.12.2020, 20:19 Uhr

Jetzt ist wieder so weit: gar entzückend anzuschauende Bilder in meiner liebsten Heimatzeitung von fliegenden Beinen, schrillbunten Kostümen, waghalsiger Akrobatik, elfstöckigen Pyramiden - was die Höhe des Saals eben hergibt - und durch die Luft wirbelnden menschlichen Körpern, die jedem mittleren Zirkus zur Ehre gereichen würden.

Herzlich willkommen zu den Kreismeisterschaften der rhythmischen Sportgymnastik, in unseren Breitengraden gerne auch Fasching genannt.

Dies ist naturgemäß die Zeit, in der gerne Superlative hervorgekramt werden, um die monatelangen schweißtreibenden Bemühungen der wackeren Tänzerinnen und Tänzer entsprechend zu würdigen: "phantastisch", "in vollendeter Perfektion", "intergalaktisch". "Mitreißend", "spritzig" oder gar nur "flott" wirken dagegen eher so wie der berühmte Satz im Arbeitszeugnis: "Er hat sich bemüht." So etwas wollen wir auch gar nicht lesen. Und glücklicherweise ist der Fasching heuer so kurz, dass die Superlative nicht ausgehen sollten.

Neben der Erkenntnis - die der Eichstätter Garde zu verdanken ist -, dass die Neandertaler entgegen allen bisherigen Vermutungen ihr Dasein nicht in dicken Tierfellen, sondern in einem Hauch von Nichts gefristet haben, ist diesmal vor allem ein Aspekt besonders erwähnenswert: Wer bei drei nicht auf dem Baum ist... bekommt einen Orden.

Ja, liebe Denkendorfer, Ihr seid nun wirklich nicht schlecht in Sachen großzügige Ordensverleihung - Stichwort "Narr von Europa", was sich schon ziemlich staatstragend anfühlt. Aber hinter den sieben Bergen, respektive auf dem Jura, gibt es jemand, der ist noch tausendmal besser als Ihr. Wobei das mit "Tausend" offenbar durchaus wörtlich zu nehmen ist.

Denn irgendwie müssen die Dollnsteiner, die bekanntlich ihre neue Faschingsheimstatt in Schernfeld gefunden haben, bei der Ordensbestellung ein oder zwei Nullen zu viel drangehängt haben. Mindestens drei Dutzend ihrer Jahres- und Ehrenorden haben die Narren unter einem jeweils dreifach donnernden "Dollfahna" schon beim Eröffnungsball an den Mann beziehungsweise die Frau gebracht. Wer die Gaudi ohne Orden verlassen hat, muss demzufolge bei der Verleihungsprozedur entweder gerade auf Toilette (groß) gewesen sein oder draußen eine ziemlich lange Rauchpause eingelegt haben.

Also - mein ganz spezieller Faschingstipp für all diejenigen, deren Ordenssammlung daheim noch ein wenig überschaubar ist: immer die Nähe der Dollnsteiner Faschingsgesellschaft suchen. Da fällt sicher noch was ab.

Pfüat Gott, Ihr

Schlossleutnant

Lorenz Krach