Beilngries
"In Gedanken sind wir jede Minute bei ihr"

01.12.2009 | Stand 03.12.2020, 4:27 Uhr

Wo ist Japan? Carmen und Thomas Rolka zeigen Daphne (10) und Saskia (8) am Globus, wo ihre Schwester derzeit lebt. - Foto: Adam

Beilngries (arg) Mit "gemischten Gefühlen" haben Carmen und Thomas Rolka aus Kottingwörth ihre 15-jährige Tochter Alessa zum Schüleraustausch nach Japan ziehen lassen, sagen beide. Im Gespräch mit DONAUKURIER-Mitarbeiterin Regine Adam erzählen sie, wie es zu dieser Idee kam, welche Befürchtungen sie hegten, und warum sie nun sehr stolz auf ihre selbstständige Tochter sind.

Der Traum vieler Schüler ist ja ein Austauschjahr in Amerika, England oder Australien. Wie kam Ihre Tochter denn gerade auf Japan?

Carmen Rolka: Alessa ist schon lange ein Asienfan. Sie liebt asiatisches Essen, ihr Zimmer ist mit Decken, Lampen und Wandschmuck im asiatischen Stil geschmückt. Dazu kommt, dass sie ein großer Musikfan von J-Rock, also Japanese-Rock ist und selbst leidenschaftlich Gitarre spielt. Ihr Zimmer ist gepflastert mit Bildern dieser Bands.

Thomas Rolka: Diese Vorliebe für Japan war keine jugendliche Spinnerei, es war ihr wirklich ein ernsthafter Herzenswunsch, dort hinzufahren. Zuerst dachten wir ja nur an eine Sprachreise in den Ferien.

Und daraus wurde nichts?

Carmen Rolka: Nein, diese sechs Wochen wären einfach unverhältnismäßig teuer geworden. Alessa selbst kam dann durch eine Freundin auf die Idee mit dem Austausch. Sie hat in Internetforen recherchiert und dort auch die Organisation IST – Internationale Sprach- und Studienreisen – gefunden. Darüber kam der halbjährige Austausch nach Aufnahmeprüfungen und einigen Informationsgesprächen zustande.

Für Eltern ist es doch sicher schwer, ihr noch so junges Kind so lange weg zu lassen?

Carmen Rolka: Und wie! Wir haben uns die Entscheidung wirklich nicht leicht gemacht, aber Alessa ließ auch nicht mehr locker. Sie hat selbst Geld dazu verdient, durch Nachhilfestunden, durch Prospekte austragen, wollte ihren Traum unbedingt verwirklichen.

Thomas Rolka: Es hat schon einige Zeit gedauert, bis wir uns mit dem Wunsch angefreundet hatten. Aber wir haben irgendwann auch gemerkt, es ist keine vorübergehende Teenageridee. Deshalb haben wir uns entschlossen, sie zu unterstützen.

Konnte sie denn schon etwas Japanisch?

Thomas Rolka: Sie hat sich schon viel mit Büchern über Japan befasst, auch Gespräche mit Kollegen von mir, die aus Japan kommen, geführt. Aber sie konnte kein Wort japanisch. Das war natürlich für unsere so kommunikationsfreudige Tochter anfangs wirklich ein Problem – sie verstand nichts und wurde nicht verstanden. Mit einem Wörterbuch in der Hand hat sie sprechen gelernt. Aber es ging ganz gut, wie sie erzählt.

Wie stehen Sie denn jetzt in Kontakt mit ihr? Per Handy?

Thomas Rolka: Nein, das funktioniert leider nicht. Aber wir telefonieren natürlich, mit Telefonkarten fürs Ausland, und wir mailen. Am schlimmsten waren die ersten Tage: Wir brachten Alessa zum Flugplatz und dann – war Funkstille. Sie konnte sich nicht melden, wir konnten sie nicht erreichen. Als dann endlich der ersehnte Anruf von ihr kam, fiel uns ein Stein vom Herzen.

Carmen Rolka: Jetzt wissen wir sie gut aufgehoben bei ihren Gastfamilien. Trotzdem sind wir mit unsern Gedanken jede Minute bei ihr und ich bin schon sehr froh, wenn sie wieder sicher bei uns zu Hause ist – und viel zu erzählen weiß!