Pfaffenhofen
"In dubio pro reo"

40-Jähriger soll Nachbarn bedroht haben - wegen abweichenden Zeugenaussagen wird er freigesprochen

12.08.2019 | Stand 23.09.2023, 8:10 Uhr
Josephine Djabri

Pfaffenhofen (SZ) In Pfaffenhofen soll ein 40-jähriger Mann zum wiederholten Mal seinen Nachbarn bedroht haben.

Nachdem er bereits im März dieses Jahres zu einer Geldstrafe von 3000 Euro wegen Bedrohung und Beleidigung verurteilt wurde, stand er nun erneut vor Gericht - wegen Bedrohung und Nötigung.

Am 6. Januar dieses Jahres hatte der 40-jährige Angeklagte seinen 33-jährigen Nachbarn mit einer Tränengaspistole bedroht. Anfang April soll er ihm dann angedroht haben, sich eine echte Pistole zu besorgen und seinen Nachbarn "fertigzumachen", wie dieser der Polizei bei der Zeugenvernehmung erzählt hatte.

Unter starkem Alkoholeinfluss hatte der Angeklagte an der Tür seiner Nachbarn geklingelt. Der 40-Jährige selbst weiß nur noch, dass er sauer war. Er habe ein "beschissenes Jahr" gehabt, sein Vater erlitt einen Herzinfarkt, dann war da noch eine Räumungsklage und das i-Tüpfelchen waren dann die 3000 Euro Strafe. An den Streit mit seinen Nachbarn kann er sich nicht mehr erinnern. "Ist jetzt Wurst", er habe schon "genug um die Ohren", sagt der 40-Jährige auf die Frage von Richterin Nicola Schwend, was an dem besagten Abend denn passiert sei. Laut der Frau des Opfers soll er Folgendes gesagt haben: "Ich habe euch nichts Böses getan. Warum seid ihr zur Polizei gegangen und habt euch beschwert? Ich habe euch geholfen! " Da der Angeklagte auch nach wiederholter Bitte nicht gehen wollte, hatte ihm der 33-jährige Nachbar schließlich mit der Polizei gedroht. Daraufhin soll der Angeklagte gesagt haben: "Wenn du noch einmal eine Anzeige machst, dann hole ich mir eine echte Waffe und mache dich fertig! " Im Nachgang habe sich der Angeklagte aber mehrmals bei der Familie entschuldigt, es habe seitdem keine Vorfälle dieser Art mehr gegeben.

Da das Opfer und seine Frau - beide aus Bulgarien - kaum Deutsch sprechen, werden sie vor Gericht von einer Dolmetscherin unterstützt. Möglicherweise durch die Sprachbarriere verschuldet, entstehen widersprüchliche Aussagen. Hatte der Angeklagte jetzt "umbringen", "fertigmachen" oder doch "erschießen" gesagt, will Richterin Schwend wissen. Oder ob die Wörter im Bulgarischen gleichbedeutend seien? "Die Aussagen so reichen mir nicht! ", stellt sie fest. Deshalb soll noch der zwölfjährige Sohn vor Gericht erscheinen, der nach Aussage der Eltern gut Deutsch spricht und auch während des Vorfalls als Dolmetscher fungiert hat. Der kann den Streit zwar besser schildern als seine Eltern, allerdings widerspricht sich auch seine Aussage in vielen Punkten mit der der Eltern. So sagt er beispielsweise, seine Mutter habe kaum mit dem Angeklagten gesprochen, während diese zuvor etwas anderes behauptet hat.

Trotz der Unstimmigkeiten ist die Sache für die Staatsanwältin Verena März klar, da die Erzählungen ihrer Ansicht nach insgesamt doch ein "stimmiges Bild" ergeben hätten. Außerdem habe die Familie des Opfers nicht den Anschein gemacht, dem Angeklagten etwas anhängen zu wollen, da die Eltern wiederholt betont hatten, dass es seit dem Vorfall keine Probleme mehr gebe und der Angeklagte sogar um Entschuldigung gebeten habe.

Weil der Angeklagte eine beachtliche Liste an Vorstrafen vorweist , hält Staatsanwältin März eine Freiheitsstrafe von fünf Monaten sowie eine Geldstrafe für angemessen. Richterin Schwend sieht das jedoch völlig anders - die Familie habe nur durch den Sohn verstanden, was der Angeklagte gesagt habe und die Aussage des Sohns allein reiche ihr nicht. "In dubio pro reo", sagt sie und spricht den Angeklagten frei.

Josephine Djabri