Würzburg
Immer mehr Privatschüler

Allein die evangelische Kirche unterhält rund 160 Schulen, will jedoch nicht in Konkurrenz zum Staat treten

06.12.2012 | Stand 03.12.2020, 0:44 Uhr

Die Schauspieler Ruth Leuwerik und Paul Hubschmid spielten an der Seite von Curd Jürgens in dem Film „Die goldene Brücke“, der 1956 in die Kinos kam. Die Rennbahnszenen wurden auf der A 93 zwischen Wolnzach und Mainburg gedreht (links). Auch im Wolnzacher Amper-Lichtspielhaus lief der Film vor 66 Jahren. Seniorchef Max Amper (rechts) erinnert sich noch daran - Foto: Archivfoto ddp-images/privat

Würzburg/München (dapd) Die Zahl der Privatschüler in Bayern wächst stetig. Mehr als jeder zehnte Schüler zieht die private der staatlichen Einrichtung vor. Der Lehrerverband BLLV warnt vor einem Zwei-Klassen-Bildungssystem.

Mit mehr als 1000 Schülern zählte es in den 1990er Jahren zu den größten Gymnasien Würzburgs: Doch dann wurden der Stadt die Personalkosten zu teuer – und aus dem kommunalen Mozart-Schönborn-Gymnasium wurde schließlich das private Dag-Hammarskjöld-Gymnasium, getragen von der evangelischen Kirche. Das war vor einem Jahr. Nach anfänglichem Zögern verzeichnet die Schule inzwischen regen Zulauf, wie Direktor Hermann Berst berichtet. Das Konzept der Privatschule setze darauf, dass „die Schüler mehr zum Manager des eigenen Lernens werden“, sagt er.

Nach Angaben des bayerischen Kultusministeriums erhöhte sich in den vergangenen zehn Jahren der Anteil derjenigen, welche eine allgemeinbildende Privatschule besuchten, von 9,2 auf 11,5 Prozent. Die Zahl der privaten Schulen stieg in dem Zeitraum um 95 auf 585. Ihr Anteil im bayerischen Schulsystem liegt damit bei 12,7 Prozent. Bei Wirtschafts- und Berufsschulen sowie den Sonderschulen gibt es noch mehr Einrichtungen in privater Trägerschaft.

Rund 160 Schulen unterhält die evangelische Kirche, dort unterrichten 2900 Lehrkräfte rund 25 000 Schüler. „Der Zuspruch ist enorm groß“, erklärt der zuständige Oberkirchenrat Detlev Bierbaum. Ein wichtiger Grund sei das Wissen um die individuellere Förderung der Kinder. „Viele, die an anderen Schulen gescheitert sind, kommen bei uns zu Abschlüssen“, konkretisiert er. Die Auswahl werde per Losentscheid getroffen oder nach „sehr intensiven“ Elterngesprächen. Er stellt allerdings klar, dass man nicht in Konkurrenz zu staatlichen Schulen treten wolle.

Kultusminister Ludwig Spänle (CSU) sieht die privaten Schulen als „wichtige Ergänzung des qualitätsvollen staatlichen Schulwesens“. Heute profitierten die privaten und die staatlichen Schulen gegenseitig voneinander. „So haben viele Elemente reformpädagogisch beeinflusster Schulen ihren Weg in die staatlichen Schulen gefunden“, stellt der Minister fest. Umgekehrt verwende der weitaus größte Teil der privaten Schulen, vor allem die kirchlichen Schulen, die staatlichen Lehrpläne, mitunter geringfügig modifiziert.

Dagegen sieht Klaus Wenzel, Präsident des bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverbandes (BLLV), Elemente der Privatschulen „nur sehr sparsam“ ins staatliche System übernommen. Wenn überhaupt, dann nur in der Grundschule. „Wir stoßen immer wieder an Grenzen“, sagt er anspielend auf das Notensystem und den Auslesedruck in der Grundschule.

Generell betrachtet er die steigende Zahl von Privatschülern mit Sorge: Es sei ein „Armutszeugnis“ für die Politik, wenn sie es nicht schaffe, dass die Eltern ihre Kinder gern und bewusst auf staatliche Schulen schicken, unterstreicht er. Es bestehe die Gefahr, dass diejenigen, die es sich leisten können, zunehmend anspruchsvollere Bildungsangebote wahrnehmen. „Und es ist in einer demokratischen Gesellschaft immer gefährlich, wenn die Spreizung zu groß wird“, fügt er an.

Die evangelische Kirche will sich gerade bei Schulgründungsinitiativen als Träger weiter engagieren. „Wir sind im Moment auf Expansionskurs. Allerdings wird es hier irgendwann auch Grenzen geben“, sagt Bierbaum. 2011 ließ sich die evangelische Kirche in Bayern ihre Schulträgerschaft mehr als 8,2 Millionen Euro kosten.