Neuburg
Im weiten Spannungsfeld des Jazz

Kurz vor der Sommerpause kommen zwei interessante Formationen ins Birdland

21.05.2013 | Stand 03.12.2020, 0:07 Uhr

 

Neuburg (DK) Die letzten Konzerte des Birdland Jazz Clubs vor der Sommerpause gestalten am Freitag das Jochen Rückert Quartett und am Samstag das Johannes Enders Quartett. Die Veranstaltungen beginnen jeweils um 20.30 Uhr.

Zum Freitag: Eigentlich ist Jochen Rückert schon längst kein Deutscher mehr. Der in Düren geborene Drummer zog 1998 nach Brooklyn und später nach Manhattan, lernte Marc Copland kennen und verdingte sich als Eckpfeiler in dessen Trio. Er denkt amerikanisch, lebt amerikanisch und besitzt auch diese junge amerikanische Auffassung von Jazz, wonach alles möglich sein muss, sowohl instrumental wie auch kompositorisch.

Dass der 37-Jährige mit dem Schalk im Nacken und den feinen, knallbunt lackierten Fingern bis dato „nur so verquere Electro-Sachen“ unter dem Pseudonym Wolff Parkinson White schrieb, stellte zunächst ein Problem für eine mögliche Leaderkarriere dar. Erst auf sanftes Drängen hin freundete er sich mit dem Gedanken an, Stücke zu erfinden, die auch einen Blick in seine Seele erlauben.

Dass sie dann noch mit einer derart hochkarätigen Band um den Tenorsaxofonisten Mark Turner, den Gitarristen Lage Lund und den Bassisten Matt Penman Gestalt annehmen, vergrößert den Überraschungseffekt obendrein. Rückert kreiert leise Musik voller Zwischentöne und autobiografischer Fußnoten. Aus jedem Titel, jeder Note tropft pure Poesie, unaufdringlich, eckig, geistvoll, mit grandiosen Instrumentalbeiträgen.

Zum Samstag: Zum Finale der Birdland-Clubsaison kommt diesmal ein alter Bekannter, der im Neuburger Jazzclub nicht nur im metaphorischen Sinn groß geworden ist. Denn Johannes Enders zählt weit über die Grenzen Deutschlands hinaus zu den besten und wohl auch experimentierfreudigsten Jazz-Saxofonisten. Der Hüne aus Weilheim, der in München, Graz und New York studierte, gilt als umtriebiger, kreativer Geist, dessen immenser künstlerischer Output voller Überraschungen steckt. Mit dem Tied & Tickled Trio und seinem Studioprojekt „Enders Room“, beide geprägt von stetig wechselnden Besetzungen, lotet der 46-Jährige vornehmlich das Spannungsfeld zwischen Electronic und Jazz aus und experimentiert dort als Multiinstrumentalist vor allem mit Klangatmosphären. Darüber hinaus verfolgt Enders seit Jahren als Leader diverser Ensembles eine intime, entspannte Jazz-Philosophie. Sein Quartett ist ein Herzensprojekt, weil es die Freundschaft zu dem 72-jährigen amerikanischen Drum-Giganten Billy Hart, dem Schweizer Pianisten Jean Paul Brodbeck und dem serbischen Kontrabassisten Milan Nicholic markiert. Eine Aura so klassisch wie zeitlos modern, so melancholisch wie Miles Davis in seinen besten Jahren.

Kartenservice: Telefon (0 84 31) 4 12 33, Fax (0 84 31) 4 63 87, übers Internet: reservierung@birdland.de oder ab 19.30 Uhr an der Abendkasse.