München
Im Oldtimer von Fall zu Fall

Franz Xaver Bogners neue Serie "Über Land" läuft an Silvester im ZDF In der Hauptrolle: Franz Xaver Kroetz als eigensinniger Richter

26.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:01 Uhr

Foto: DK

München (DK) Nach dreijähriger Weltreise kehrt Richter Max Althammer zum Dienst zurück. Die Gerichtspräsidentin, seine neue Chefin und alte Verflossene, schickte ihn in die bayerische Provinz. Dort soll er künftig seine Urteile fällen. "Über Land" heißt die neue Serie von Franz Xaver Bogner, der mit Serien wie "Irgendwie und Sowieso", "Café Meineid" und "München 7" längst Kultstatus erreicht hat. Zum Jahreswechsel läuft "Über Land" im ZDF. Franz Xaver Kroetz ist als Richter Althammer zu sehen.

Herr Bogner, was war zuerst da? Hatten Sie erst die Geschichten um diesen eigenwilligen Richter im Kopf? Oder wollten Sie unbedingt mit Franz Xaver Kroetz drehen?

Franz Xaver Bogner: Zuerst gab's die Geschichte über den Richter. Dann diskutierten wir darüber, wer ihn spielen sollte. Ich dachte nämlich, dass Franz Xaver Kroetz da auf Bedenken stoßen könnte. Aber vom ZDF kam sofort die Zusage, deshalb konnte ich ihm die Rolle auf den Leib schreiben. Für mich ist das immer das Beste, wenn ich weiß, wer's spielt.

Was ist der Richter für ein Typ und warum konnte ihn nur Franz Xaver Kroetz spielen?

Bogner: Ich habe immer gern sperrige Typen. Solche, die nicht so Mainstream sind. Franz Xaver Kroetz ist für mich einer der besten bayerischen Schauspieler. Er ist ungewöhnlich. Im besten Falle bringt er das in die Rolle ein, was ihn persönlich ausmacht. Das hat dann eine unheimlich hohe Authentizität. Ich war sehr happy über seine Zusage.

Wie waren denn die Dreharbeiten?

Bogner: Super. Franz hat selber gesagt, dass er die Rolle unheimlich gern gespielt hat. Am liebsten hätte ich ein ganzes Seminar von Jungschauspielern eingeladen und sie hinter die Kamera gestellt, um ihnen zu zeigen, wie man das macht, wie man sich auf eine Rolle vorbereitet und sie dann in dieser ungeheuren Professionalität durchzieht. Ich konnte oft einfach nur zuschauen, was der Franz da so macht. "Über Land" mit ihm ist eine meiner schönsten Arbeiten für mich.

Wovon haben Sie sich denn inspirieren lassen? Vom "Königlich Bayerischen Amtsgericht" oder vom "Café Meineid"?

Bogner: Wenn, dann vom "Café Meineid", denn das "Amtsgericht" ist ja aus einer ganz anderen Zeit. Aber das Irre war: Ich habe mir ein Idealbild von einem Richter zusammenfantasiert. Aber nur wenige Wochen nach Fertigstellung des Drehbuchs las ich in der "Süddeutschen Zeitung" einen großen Artikel über einen Richter in Wolfratshausen, der sich genau wie der meinige auf der Seite der kleinen Leute durch den Alltag quält - und immer wieder durch merkwürdige Urteile von sich reden macht. Wir befinden uns ja im Amtsgerichtsbereich. Da geht es nicht um Mord und Totschlag, sondern um den Alltag und Alltagssünden, um die Beweggründe der "Täter", um das Nachempfinden von Schuld. Franz Xaver Kroetz agiert da allein mit Blicken hervorragend.

Standen Sie denn selber schon mal vor Gericht?

Bogner: Ja. Aber das ist schon lange her. Bestimmt 40 Jahre. Da wollte man mich mit einer Fahrerflucht reinreiten. Aber ich hatte gar nichts getan. Ich ging aus der Verhandlung schließlich auch mit einem Freispruch heraus. Die Richterin hatte mit klarem Blick gesehen, dass an den Vorwürfen vorn und hinten nichts stimmte. Vielleicht bin ich dadurch ein wenig sensibilisiert worden für das Thema: Dass man in die Lage kommen kann, unschuldig verurteilt zu werden.

Was sind das für Fälle, die in "Über Land" verhandelt werden? Haben Sie sich von tatsächlichen Gerichtsfällen inspirieren lassen?

Bogner: Ein Fall ist erfunden, aber eigentlich habe ich es so gemacht wie bei "Café Meineid" oder später auch bei "München 7": Es geht um Geschichten, die tatsächlich so passiert und auch verhandelt worden sind. In einem Fall geht es nur um drei Glühbirnen, in einem anderen um zwei Frauen, die sich an einem gemeinsamen Liebhaber rächen.

Wie weit "über Land" geht es denn bei Ihnen?

Bogner: Es geht immer von München in die Berge. Denn der Richter, der hier im Mittelpunkt steht, ist gerade von einer dreijährigen Weltreise zurückgekommen und will noch ein paar Jahre arbeiten. Die Gerichtspräsidentin, mit der er eine persönliche Fehde am Laufen hat, versetzt ihn aus emotionaler Rache aufs Land. Weil er in München lebt und nicht umziehen möchte, muss er also dauernd über Land fahren, damit er dort seine Arbeit machen kann. Er lässt sich dabei im Taxi von einer ehemaligen Kleinkriminellen chauffieren.

Das Taxi ist nicht irgendein Taxi, sondern ein Oldtimer - ein alter Citroën DS 21 ...

Bogner: ... sie hieß auch "die Königin" und war in den 50er-Jahren der Inbegriff automobiler Avantgarde.

Gibt es zu der DS 21 eine Geschichte?

Bogner: Ich persönlich stand ja immer auf Ami-Schlitten. Aber in dem speziellen Fall sollte es etwas Europäisches sein. Und die DS 21 war im französischen Kino der Gangsterschlitten schlechthin. Außerdem ist es einfach ein wunderschönes Auto. Irgendein Sammler war verrückt genug, die DS 21 uns für die Dreharbeiten zur Verfügung zu stellen. Und er hat den Oldtimer ohne einen Kratzer zurückbekommen.

Haben Sie eine Lieblingsszene?

Bogner: Ich habe tatsächlich ein paar Lieblingsszenen. Die spielen alle zwischen dem Franz und den Frauen. Da halte ich ihn für absolut genial - wie geschickt er es schafft, sich immer zu verweigern und jede Form von Einvernahme individuell durchzustehen. Das macht er mit großem Charme.

Gibt es schon neue Projekte?

Bogner: Wir produzieren gerade "München Grill" - eine Art Fortsetzung von "Monis Grill" mit neuem Konzept und neuem Sendeplatz, nämlich immer freitags um 20.15 Uhr. Monika Gruber ist nicht mehr dabei. Wir haben den Interviewteil rausgeschmissen. Auch beim neuen Konzept gibt es Gäste wie Sigi Zimmerschied, Christian Springer oder Uschi Glas. Aber die spielen sich selbst und werden in die Geschichte verstrickt. Sendestart ist im April.

Die Fragen stellte Anja Witzke.

ZUR PERSON

Franz Xaver Bogner wurde 1949 im oberbayerischen Pliening geboren. Nacht dem Abitur in Erding machte er zunächst eine Lehre in einem Münchner Kopierwerk. Zusätzlich zu seiner Ausbildung an der Hochschule für Fernsehen und Film in München von 1970 bis 1973 studierte er Amerikanistik. Er arbeitete als Regieassistent u. a. für Hans W. Geissendörfer. Zunächst versuchte er sich als Dokumentarfilmer, bevor er sich vor allem durch Serien für das Bayerische Fernsehen als Spezialist für schlitzohrige Strizzis und unerschütterliche Lebenskünstler einen Namen machte. Mit Serien wie "Irgendwie und Sowieso", "Zur Freiheit" oder "Café Meineid" avancierte Franz Xaver Bogner zum Kultregisseur und wurde mehrfach ausgezeichnet.