Ingolstadt
Im Nordosten hatte Ikea kein Glück

Möbelriese und private Grundbesitzer scheiterten 2013 offenbar an Risiken eines Raumordnungsverfahrens

10.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:39 Uhr

Ingolstadt (DK) Könnte der Möbelriese Ikea längst eine Filiale in Ingolstadt eröffnet haben? Private Grundbesitzer standen bereits 2013 in Verhandlungen mit den Schweden, doch dann versandete die Sache. Bei der Stadt weist man Vorwürfe, das Projekt seinerzeit torpediert zu haben, allerdings zurück.

Derzeit verhandelt die Stadttochter IFG mit zwei Interessenten für ein großes Grundstück nördlich des Gewerbegebietes Weiherfeld bei Zuchering. Die Stadt will hierfür unbedingt einen weiteren Möbelgroßmarkt an die Angel bekommen; dass Ikea als Bewerber mit im Boot ist, gilt als sicher. Als dieser Sachstand kürzlich im DK berichtet wurde, fühlten sich Privatleute aus dem Ingolstädter Nordosten schmerzlich an ihre Erfahrungen bei einem erhofften Grundstücksverkauf an die schwedische Möbelkette vor gut drei Jahren erinnert.

Es sei um drei Grundstücke unmittelbar südöstlich des Kreisels beim Gewerbegebiet Nordost (gegenüber dem Ingolstadt Village) gegangen, so einer der Eigentümer zum DK. Die Ackerflächen hätten insgesamt eine Größe von rund 70 000 Quadratmetern gehabt – zwei im Privatbesitz, eine angeblich im Portfolio einer Kirchenstiftung. Ikea habe von sich aus den Kontakt mit den Eigentümern aufgenommen; eine auf die Vermarkung landwirtschaftlicher Flächen spezialisierte Münchner Anwaltskanzlei habe sich als Vermittler eingeschaltet. Dem DK wurde zum Beleg der Schriftwechsel mit der Kanzlei gezeigt; die Sozietät bestätigte die Kontakte zudem auf Anfrage.

„Es gab da keineBehinderungsstrategie.“

Alt-OB Alfred Lehmann

 

Die Sache zog sich – bei solchen Vorhaben zunächst mal nicht unüblich – über etliche Monate hin. Mitte 2014 wurde allerdings trotz bereits erfolgter Bodenproben klar, dass die Verhandlungen unter keinem guten Stern standen: Man habe seitens Ikea erfahren, „dass die notwendige Abstimmung mit der Stadt Ingolstadt noch nicht erfolgt sei“, hieß es in einem Brief der Kanzlei an die Grundbesitzer. „Kurzfristig“, so hieß es dort weiter, „sei ein Gespräch mit dem neuen Bürgermeister vorgesehen“ (gemeint war offenbar der seinerzeit frisch ins Amt gekommene OB Christian Lösel). Nach langer Sendepause hieß es schließlich im Juli 2015 in einem weiteren Anwaltsbrief: „Die Stadt Ingolstadt blockiert das Projekt immer noch und lehnt den Standort auf Ihren Grundstücken ab.“ Es war das letzte Schreiben in dieser Angelegenheit.

Damit gaben sich die verkaufswilligen Ackerflächenbesitzer – enttäuscht, aber machtlos – zufrieden. Bis ihnen jetzt die nunmehr laufenden, womöglich aussichtsreicheren Gespräche der IFG mit Ikea über eine Ansiedlung im Süden gehörig in die Nase stachen. Ihr Vorwurf: Die Stadt habe um jeden Preis eigene Flächen verkaufen wollen und sich deshalb bei dem Vorhaben im Nordosten quergestellt. Eine überzogene Interpretation?

OB Christian Lösel musste jetzt auf Anfrage bekennen, mit dem Sachverhalt weder als neuer Rathauschef noch in seiner früheren Funktion als OB-Referent befasst gewesen zu sein. Er ließ aber in der Verwaltung nachforschen und veranlasste eine Stellungnahme seiner Pressestelle. Die sagt im Kern genau das aus, was auch IFG-Vorstand Norbert Forster und der frühere Oberbürgermeister Alfred Lehmann, vom DK befragt, zu der Angelegenheit ausführen.

Demnach hat die IFG bereits 2012 in Kontakt mit Ikea gestanden, was eine seinerzeit noch unbebaute eigene Fläche zwischen FOC und Gunvor-Raffinerie anging. Es handelte sich um genau jenes Areal, auf dem 2006 auch einmalig die Mittelbayerische Ausstellung (miba) stattgefunden hat – laut Norbert Forster knappe 50 000 Quadratmeter groß. Das war Ikea damals offenbar eine Spur zu klein für seine Pläne.

Jedenfalls kam der Deal mit der IFG nicht zustande. Der Möbelriese muss dann wohl auf die Idee verfallen sein, sich alternative Flächen in der Nähe anzuschauen, denn ein Standort beim landesweit bestens eingeführten Ingolstadt Village und mit nahem Autobahnanschluss schien strategisch klug gewählt – die besagten Grundbesitzer aus dem Nordosten rückten ins Visier.

Allerdings hätte Ikea ein großes Rad drehen müssen, um auf keinesfalls planungsreifem Terrain im Außenbereich zum Zuge zu kommen. Für solch ein Projekt wäre ein mit der Regierung von Oberbayern abzustimmendes Raumordnungsverfahren für einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan unabdingbar gewesen, wie Stadtbaurätin Renate Preßlein-Lehle und IFG-Chef Forster unisono betonen. Dass die Regierung neuen Gewerbeflächen zugestimmt hätte, wo doch das IFG-Grundstück frei verfügbar in unmittelbarer Nachbarschaft lag, sei schwer vorstellbar.

„Unter Würdigung städtebaulicher und landesplanerischer Gesichtspunkte wurde damals keine Möglichkeit gesehen, für den von Ikea angestrebten Außenbereichsstandort ein Sondergebiet für großflächigen Einzelhandel auszuweisen“, fasst die städtische Pressestelle zusammen. Dass es gezielte Störmanöver der Stadt gegenüber den privaten Grundbesitzern gab, schließt der damalige OB Alfred Lehmann aus: „Es gab da keine Behinderungsstrategie.“ Und die Fläche bei Zuchering, so Lehmann weiter, sei damals noch im Besitz des Freistaates gewesen und habe bis 2015 nicht zur Verfügung gestanden.