Greding
Im Auftrag der Barmherzigkeit

60 Jahre im Priesteramt: Der ehemalige Caritasdirektor Johannes Schmidt feiert am Sonntag Jubiläum

29.06.2017 | Stand 02.12.2020, 17:51 Uhr

Sechs Gottesdienste in der Woche hält Johannes Schmidt - fünf davon in der Grabkirche Sankt Magdalena. Die Messe für Demenzkranke findet dagegen im Seniorenheim statt. - Foto: Steimle

Greding (tsl) Bei Johannes Schmidt läutet im Moment oft das Telefon: Seit 60 Jahren ist er als Priester im Amt, die Feier am Sonntag muss organisiert werden. Als Geistlicher zur Ruhe gesetzt hat sich der frühere Caritasdirektor aber nicht - mit 86 Jahren ist er immer noch als Seelsorger tätig.

Sechsmal die Woche hält Johannes Schmidt Gottesdienst, dazu kommen Krankenbesuche im Caritas-Seniorenheim St. Magdalena, wo der Domkapitular in Rente seit 2004 in einem Nebengebäude lebt. "Außerdem versuche ich, ein gutes Verhältnis zu den Mitarbeitern zu haben", sagt der 86-Jährige und die Frage, ob dem so ist, erübrigt sich. "Ich war immer ein Teamworker", sagt der Geistliche, "Alleingänge mag ich überhaupt nicht". Entscheidungen, die in Besprechungen getroffen wurden, "haben letztendlich den Erfolg gebracht", ist er sich sicher.

Eine Erfahrung, die er nicht nur als Caritasdirektor gemacht hat, sondern auch schon vorher, als er Pfarrer in Nürnberg-Katzwang war. 1967 wurde er dorthin versetzt und war gleich als Netzwerker gefordert. "Kurz bevor ich dorthin kam, war die Entscheidung gefallen, das Kirchenzentrum St. Marien zu bauen". Er erinnere sich gerne daran zurück, "wie am Samstag 30 Helfer gepflastert haben, der Zusammenhalt innerhalb der Pfarrgemeinde war hervorragend". Das war sicherlich auch der Verdienst von Johannes Schmidt. Er kam nicht nur durch die Kindergarten- und Schulkinder in Kontakt mit den katholischen Familien in Katzelwang, sondern auch, weil er in seiner Anfangszeit rund 1000 Hausbesuche machte.

Auf dieses Netzwerk konnte sich der Pfarrer auch "in den schlimmsten Wochen meines Lebens" verlassen. 1979 brach der Damm des Main-Donau-Kanals und verwandelte die Straßen von Katzelwang in reißende Flüsse. Johannes Schmidt und seine Pfarrgemeinde halfen nicht nur mit Schaufeln, Eimern und Besen, sondern auch mit Räumlichkeiten: "Da die evangelische Kirche sehr in Mitleidenschaft gezogen war, haben wir unsere Kirche zur Verfügung gestellt." Ein altes Plakat zeugt von der Pflege der Ökumene in späteren Jahren: Darauf reichen sich die beiden Kirchen - eine mit Hahn, eine mit dem Kreuz auf der Turmspitze - die Hand, darunter ist das Datum der gemeinsamen Veranstaltung angekündigt. Die Bekanntmachung ist in einem kleinen Buch abgedruckt, auf das der Priester stolz ist: "Wir waren die Ersten, die so etwas herausgebracht haben", sagt er über die Seiten, auf denen das kirchliche Leben der Gemeinde mit Bildern und Texten gezeigt wird. "Das haben wir auch an Neuzugänge verteilt, die oft gar nicht glauben konnten, dass es so eine Öffentlichkeitsarbeit von der katholischen Kirche gibt."

Johannes Schmidt fühlte sich sehr wohl in seiner Pfarrei, kein Wunder also, dass ihn der Anruf, den er 1986 bekam "fast vom Stuhl haute": Ihm wurde mitgeteilt, dass ihn der damalige Eichstätter Bischof Karl Braun als Caritasdirektor der Diözese berief. Außerdem wählte ihn das Domkapitel gleichzeitig zum Domkapitular. "Eine harte Umstellung" sei die Arbeit als Caritasdirektor gewesen, das Ganze habe nur deshalb reibungslos funktioniert, "weil ich dort solidarische Mitarbeiter vorgefunden habe", die ihm beim Start in die neue Aufgabe zur Seite gestanden hätten. Die Förderung von Horten und Kindergärten, aber auch von Altenheimen - den sozialen Auftrag der Kirche sah er als Herzstück seiner Position.

Eichstätt war dem gebürtigen Jahrsdorfer dagegen wohlbekannt, schließlich hatte ihn ein ebenso unvermittelter Entschluss 1943 dorthin geführt. Er habe sich mit einem Klassenkameraden in der Pause unterhalten, erinnert sich Johannes Schmidt, als dieser sagte "Ich gehe nach Eichstätt auf die Höhere Schule. Da habe ich spontan gesagt, ich gehe mit". Noch am selben Tag verlangten die damals Zwölfjährigen ein Übergangszeugnis von ihrer Lehrerin, über den Pfarrer erfuhren auch Schmidts Eltern von seinem Entschluss. Aufgehalten haben sie den Ältesten von acht Kindern nicht, er habe ein sehr gutes Elternhaus gehabt, sagt Johannes Schmidt, "vor allem meine Mutter hat mir viel mitgegeben". Die beiden Jahrsdorfer bestanden die Aufnahmeprüfung und traten ein Jahr später ins Bischöfliche Seminar ein. Dort waren sie Mitglieder einer Jugendgruppe, die von Professor Alfons Fleischmann geleitet wurde - "verstohlenerweise", denn die Nationalsozialisten hatten solche Treffen verboten.

"Verschiedene Stufen", auf denen er seinen Entschluss, Priester zu werden, immer wieder überprüfte, habe es viele gegeben, sagt der Bundesverdienstkreuzträger, vor allem, als er zum Zeitpunkt der Diakonatsweihe an Mumps erkrankte. "Soll ich, soll ich nicht, man wähnt so eine Krankheit als Fingerzeig Gottes". Weitere Fragen, die er sich stellte, waren, "ob ich das Zölibat durchhalte und ob mein Glaube so stark ist, dass ich ihn überzeugend weitergeben kann". Der Blitz, der einen da treffe, "mit dem muss man dann zurechtkommen", schmunzelt Johannes Schmidt über seine Berufung zum Priester, die 1957 mit der Weihe ihren Abschluss fand.

Für die katholische Kirche wünscht sich der Geistliche, dass sie "die Offenheit, die aus dem Evangelium uns im Lebenswirken Jesu entgegentritt", mehr berücksichtigt, denn "die Kirche hat sich zu sehr verfestigt und die Barmherzigkeit Gottes in den Hintergrund, das Recht dafür zu sehr in den Vordergrund gerückt." Ein Beispiel ist für ihn die Kirchensteuer. Die Maßgabe, wer zahlt, gehöre dazu, sei falsch, "Mitglied der Kirche ist man durch die Taufe und nicht durch eine Steuer". Wichtig sei, dass sich die Kirche nicht selbst verwalte, sondern den "Auftrag, den Jesus gegeben hat, ,liebet einander, wie ich euch geliebt habe' zu verwirklichen."