stadtgeflüster
Ich wär' so gern in der Minderheit

10.02.2021 | Stand 08.04.2021, 3:34 Uhr

Wenn es stimmt, wäre es natürlich ein Kracher.

Unsere Informanten in den Parteien versichern: "Doch, doch, echt jetzt! " Das Bildungszentrum der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung in Kloster Banz geht im April angeblich wieder zum Normalbetrieb über. Und bietet gleich ein Schmankerl: das Seminar "Opposition für Anfänger". Leider seien schon alle Plätze weg. Gebucht habe sie die dezimierte, 13-köpfige Stadtratsfraktion der Ingolstädter CSU.

"Wir freuen uns auf inspirierende Tage in Kloster Banz und hoffen darauf, unsere Rolle im neuen Stadtrat endlich zu finden", soll Fraktionschef Alfred Grob intern verkündet haben. "Machtlosigkeit ist immer, was man draus macht", habe Stadtrat Albert Wittmann angefügt. "Ich bin der felsenfesten Überzeugung, dass unsere Heimatstadt einer politischen Kraft bedarf, die jetzt auf das Allerentschlossenste die Versäumnisse der vergangenen Jahre anprangert und auf Lösungen drängt. Dafür stehe ich! "

Nur sie bleibt daheim: CSU-Stadträtin und Bürgermeisterin Dorothea Deneke-Stoll. Das habe aber nichts damit zu tun, dass sie wegen des Oszillierens ihrer Fraktion zwischen Opposition und Stadtführung hin und hergerissen sei, lässt sie ausrichten. Kloster Banz sei ihr einfach zu katholisch.

Das Seminar "Opposition für Anfänger" beginnt am Anreisesonntag mit einem Friedensgebet der CSU-Fraktion in der Abteikirche. "Damit wollen wir gleich den richtigen Grundton setzen", kündigt Grob an. "Wir möchten eine konstruktive Opposition sein, die nicht um des Zubeißens willen zubeißt, sondern nur, wenn es wirklich sein muss. " Die Morgenandacht gestaltet CSU-Veteran Hans Süßbauer mit besinnlichen Gedanken zum Thema: "Keine Sorge! Unsere Erde muss schwerere Prüfungen ertragen als die Ingolstädter Sozialdemokratie. "

Im Stuhlkreis, den die Fraktion im Kaisersaal des Klosters formt, ist der Motivationstrainer Christoph Daum zu Gast. Der Titel seines Referats lautet: "Aus Niederlagen neue Kraft schöpfen. " Die Leverkusener Fußballlegende verrät: "Die Ingolstädter CSU muss den Gegner kommen lassen und dann ihre Schangsen konsequenter nutzen! Massives Pressing hilft gegen Rote nicht immer. "

Zur Abschreckung hören die Teilnehmer noch den Vortrag: "Opposition für Profis: Wie ich meine Partei garantiert unter zehn Prozent halte. " Gastreferent ist die bayerische SPD-Legende Markus Rinderspacher.

Die CSU-Mitglieder wollen auch gruppendynamisch Identitätsarbeit betreiben. Deshalb spricht der Fraktionshistoriker Matthias Schickel über "Schöner scheitern: Die denkwürdigsten Abgänge führender Sozialdemokraten von Scharping bis Beck". Später, rings um ein Lagerfeuer, lesen Christian Lösel und Albert Wittmann aus den "Erinnerungen" des Franz Josef Strauß. "Irgendwie so", hofft Alfred Grob, "müssten wir unsere neue Rolle in der Politik dann eigentlich finden. "

sic