"Ich kann auch eiskalt sein, glauben Sie mir"

15.12.2009 | Stand 03.12.2020, 4:24 Uhr

Gewinnt jeder Sportart besondere Reize ab: Fußballtrainer Mirko Slomka im Race Touareg, dem Rennwagen von VW für die kommende Rallye Dakar. Sein Pilot: Nasser Al-Attiyah aus Doha/Katar. - Foto: VW

Flachau (DK) "Menschlichkeit ist zurzeit in der Bundesliga fast verpönt, als Trainer werden harte Hunde gesucht." Gesagt hat dies Mirko Slomka, Fußballtrainer, dem Menschlichkeit nachgesagt wird. "Dabei kann ich auch ein harter Hund sein. Im Training zum Beispiel, sonst hast du keinen Erfolg." X

In Augsburg ist Höß seit jeher Stammgast – unabhängig davon, ob sich sein FCP für das Finalturnier qualifiziert hat. Andererseits muss er als Vereinsvorsitzender schier in den niederbayerischen Kurort fahren, wo es diesmal um mehr geht als darum, die Termine für die Frühjahrsrunde festzulegen. Es geht um eine Neugliederung der sechsthöchsten Spielklasse in Bayern!

"Ich würde mich freuen"

Und, was glaubt er, schafft es Schalke? "Sie müssen am Ende der Saison einen internationalen Wettbewerb erreicht haben, sonst drohen Spielerverkäufe, und die positive Entwicklung könnte ins Stocken geraten." Slomka kennt Schalke, kennt noch viele der Spieler aus seiner Zeit. Sein Urteil: "Kommt Schalke auf einen der drei ersten Plätze, ist es sensationell. Ich würde mich unglaublich freuen, wenn sie es schaffen."

Was macht ein Fußballtrainer wie er an einem Wochenende eigentlich bei "Dakar on Snow" im verschneiten Flachau/Österreich? Schult er um? "Nein, ich bin Fußballtrainer und ich bleibe es. Aber ich schau mich gerne bei anderen Sportarten um. Ich war auch schon beim Biathlon oder beim Boxen. VW hat mich hierher eingeladen. Nun schaue ich mir an, wie die Rallyepiloten trainieren. Da kann man immer etwas für die eigene Arbeit mitnehmen: Wo kommt die Kraft her, welche Muskeln werden trainiert."

Ein Beispiel? "Man muss sich anschauen, wie die Fahrer ihre Nackenmuskulatur trainieren. Stellen Sie sich mal vor, ein Kevin Kuranyi oder ein Mario Gomez würden das tun. Na, die hätten eine Wucht hinter ihren Kopfbällen. Oder nehmen wir die Ausdauer der Dakar-Piloten, die Höchstleistung über eine so lange Zeit bringen. Wie und was trainieren die Fahrer und Beifahrer" Fußballspieler, das weiß Slomka aus eigener Erfahrung, reagieren auf neue Trainings-Ideen positiv: "Sie finden das hochspannend, und ich bin fasziniert, Neues kennenzulernen und anzuwenden."

Momentan hat der studierte Mathematiklehrer viel Zeit für Außergewöhnliches, solange kein Verein ruft. Slomka schmunzelt, Fragen nach potenziellen Vereinen oder (s)einem Wunschklub weicht er aus. Er lächelt auch, als das Gespräch auf den FC Bayern München, Louis van Gaal und das 4:1 in Turin kommt. Das wäre doch ein Verein für ihn gewesen? Slomka grinst, erklärt nur, er habe bis zum Champions-League-Spiel in Turin die Spielfreude vermisst. Macht van Gaal etwas falsch? "Das kann ich nicht beurteilen, wirklich nicht."

Es menschelt, wenn Slomka spricht. Das tut gut im Gespräch, ist es im Job aber nicht. Denn in den Augen von Slomka ist in der Fußball-Bundesliga Menschlichkeit fast schon verpönt. "Ich habe das Gefühl, man will wieder den harten Hund als Trainer." Und das ist er nicht? Slomka wird ernster: "Doch, im Training. Erinnern Sie sich an Björn Borg. Der war nett, freundlich, zugänglich, jeder mochte ihn. Ging es um den sportlichen Erfolg, die Entscheidung auf dem Platz, war er berechnend, eiskalt und hat jede Schwäche des Gegners ausgenutzt, um zu gewinnen. Danach war er wieder smart." Slomka, der Björn Borg der Fußballtrainer. Denn: "Glauben Sie mir, ich kann auch eiskalt sein. Ich muss es. Sonst hätte ich auf Schalke keine zweieinhalb Jahre durchgehalten."

"Dominanz kehrt zurück"

Und wer wird nun Meister? "Der FC Bayern München konnte in der Vorrunde viele gute Spieler nicht oder nur wenig einsetzen. Ich glaube, die spielerische Dominanz wird zurückkehren. Dann haben sich Trainer und Spieler auch aufeinander eingestellt. Dem HSV traue ich, wenn die Verletzungssorgen nachlassen, auch eine gute Rolle zu." Und Schalke? "Für Schalke ist es noch zu früh."

Solange Slomka keinen neuen Trainerjob hat, kann er bei namhaften Vereinen hospitieren (zum Beispiel Real Madrid) und er findet viel Zeit für die Familie: "Wir haben Jahre lang sehr viel auf uns verzichten müssen. Wir genießen es."