Ingolstadt
"Ich hätte das nicht angenommen"

Lärmschutzwand: Debatte um Rolle von Anwalt Kroll geht weiter - Stadt sieht kein Interessensproblem

17.02.2020 | Stand 23.09.2023, 10:42 Uhr
  −Foto: Eberl, Stefan, Ingolstadt

Ingolstadt - Die Stadt sieht in dem Umstand, dass Rechtsanwalt Fritz Kroll (Foto) früher einen der Käufer der ehemaligen Kasernengebäude bei dessen Verhandlungen mit der Stadt zivilrechtlich vertreten hat, kein Interessensproblem.

 

Der Jurist hatte zuletzt im Auftrag der Stadt den Verwaltungsvorgang zum Bau der umstrittenen, teuren Lärmschutzwand in der Manchinger Straße überprüft und das Ergebnis dem Stadtrat mitgeteilt. Er war dabei zu dem Schluss gekommen, dass die Käufer einen Rechtsanspruch auf die Mauer hatten und der damalige OB Alfred Lehmann in der Sache keinen Einfluss genommen habe (DK berichtete).

Eine eingeschränkte Objektivität Krolls sei nicht zu erkennen, teilte Stadtsprecher Michael Klarner auf Anfrage mit. Er habe den Käufer des zuletzt verkauften Gebäudes vertreten. Bereits zuvor waren vier der fünf Gebäude an Dritte veräußert worden. Diese hätten sich vertraglich ausbedungen, dass die IFG eine Lärmschutzwand entlang der Manchinger Straße zu errichten habe. "Kroll war an keinem dieser vier Verträge beteiligt. "

Die Wellen schlugen hoch, als die Tätigkeit Krolls faktisch für einen der Nutznießer der Lärmschutzwand am Wochenende bekannt worden war. Ein Verstoß gegen das Standesrecht bestehe nicht, lautet auch die Einschätzung mehrerer vom DK befragter Juristen. Laut Bundesrechtsanwaltsordnung liegt eine Interessenskollision vor, wenn der Anwalt "eine andere Partei in derselben Rechtssache im widerstreitenden Interesse" beraten oder vertreten habe. Ein fader Beigeschmack bleibt.

"Ich hätte das an seiner Stelle nicht angenommen", meinte BGI-Fraktionschef und OB-Kandidat Christian Lange zum Prüfauftrag Krolls. Lange ist selbst Jurist und will in einem Fragenkatalog, der sich vor allem mit den Maklergebühren für städtische Grundstücksgeschäfte befassen soll, auch dieses Thema aufgreifen. Kroll selbst betonte, er gebe über Mandatsverhältnisse keine Auskunft.

Am 2. Verhandlungstag des Korruptionsprozesses gegen Ex-OB Lehmann hatte der frühere Leiter des Stadtplanungsamts - er war damals bei der IFG zuständig für die Projektentwicklung des Areals Pionierkaserne - als Zeuge einen Besprechungstermin Krolls als juristischer Vertreter des Bauunternehmers bei Lehmann erwähnt. Lehmann hatte in dem Gebäude später mehrere Wohnungen gekauft. Bei der Besprechung war es um Abänderungen im Kaufvertrag gegangen. Von der Lärmschutzwand war im Prozess nie die Rede. Das Thema war lange nach Prozessende vom Redaktionsnetzwerk "Pro Recherche" aufgegriffen worden.

Eine von OB Christian Lösel initiierte Arbeitsgruppe, bestehend aus den zuständigen Referenten, betroffenen Amtsleitern, Beteiligungsmanagement und Vorstand IFG, hatte Akten und Sachverhalte aus ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereichen zusammengetragen. Aufgrund der Komplexität des Sachverhalts hätten die Mitglieder der Arbeitsgruppe um eine ergänzende externe juristische Begleitung gebeten. Kroll sei der Auftrag erteilt worden, "da dieser als einer der besten Fachanwälte im öffentlichen und privaten Baurecht" in der Region gelte. Sein Mandat für einen der Käufer war bekannt.

DK

 

 

Ruth Stückle