"Ich bin kein Heiler"

13.01.2009 | Stand 03.12.2020, 5:17 Uhr

Hand auflegen, den Patienten durchatmen lassen und fühlen, wann der richtige Zeitpunkt ist, um sanft Einfluss zu nehmen: Santo Francesco Krause (Mitte) demonstriert an seiner Schülerin Anja Bichler (l.), wie Osteopathie funktioniert. - Foto: Hammerl

Zell (DK) Osteopathie – alternative Medizin oder uralte Wissenschaft? Politische Rede oder allgemeine Lebenshilfe? Der humorvolle Vortrag von Santo Francesco Krause bei der Gebietsversammlung der Landfrauen beinhaltete von allem etwas.

Santo Francesco Krause aus Dachau ist ein Stück weit Philosoph, aber auch Therapeut und vor allem eines – Zuhörer, obwohl er, wie er augenzwinkernd zugibt, auch durchaus stundenlang selber reden kann.

Zugehört haben die Landfrauen bei der Gebietsversammlung in Zell zu dem Zeitpunkt schon länger. Zunächst blickte Kreisbäuerin Mathilde Ahle auf "ein bewegtes Jahr" zurück. Da war das Wahljahr, das dem Berufsstand politisch gesehen Einbußen brachte. Finanzielle Einbußen durch sinkende Erzeugerpreise für die Landwirte waren ebenfalls zu beklagen. Nun gelte es, demokratisch und vernünftig zu handeln, "sich nicht von Egoismus und Stimmungsmache umtreiben zu lassen" und zusammenzuhalten. Noch einmal sprach Ahle das Jubiläumsjahr an – 60 Jahre, in denen sich die Landfrauen "vom Bastelkreis bis in politische Ämter" heraufgearbeitet hätten.

Nach der Kaffeepause ist der Hauptreferent dran. Krause zeigt zunächst einmal auf, was er unter Zuhören versteht, indem er verschiedenen Themen, die er in den ersten anderthalb Stunden aufschnappte, aufgreift. Er denkt laut nach – über Beziehungen, den Umgang mit älteren Menschen, das Männerhaus, das er gerne errichten würde, oder auch ein mögliches Kinderhaus, geht dem Wort Partnerschaft auf den Grund ("der Partner schafft") und lässt hin und wieder einen Brocken zur Osteopathie fallen. Die lernt er seit 13 Jahren, praktiziert auch – und zwar ohne Spritzen, nur mit sanften Händen. Der nächste Exkurs des Bayers mit Trachtenhose, Gamsbarthut und sizilianischen Wurzeln geht in die Bibel. Krause zielt auf schwindende Gleichberechtigung der Männer ab: "Die Frau ist für mich eine Männin." Und findet den Beleg dafür im hebräischen Originaltext. Eine winzige Nuance, die durch mehrfaches Übersetzen verlorenging. Medizin studiert hat er nicht. Er plädiert für Berufung, nicht die heutzutage allgegenwärtige Bildung, die er mit Miss-bildung, Ein-bildung und ähnlichen Assoziationen verbindet.

Ein Heiler? Nein, gegen die Bezeichnung wehren sich die Osteopathen. "Knochensetzer" übersetzt Krause den Fachbegriff, verweist aber darauf, dass Osteopathen im Gegensatz zu Chiropraktikern das Ganze sehen, also auch Weichteile und Organe mitbetrachten, die an den Knochen dranhängen. Er verspricht keine Heilung, sondern bietet den Versuch an. Erfolgsgarantien gibt es nicht, aber er bilde sich weiter, um in immer kürzerer Zeit immer bessere Erfolge zu erzielen.

Was Osteopathie denn nun sei? fordert Hildegund Moosheimer nach einer guten Stunde endlich zu hören ein. Krause empfiehlt ihr Geduld, erklärt sich aber zu einer Demonstration an seiner Schülerin Anja Bichler bereit. Dann brechen plötzlich die Dämme, Fragen prasseln auf ihn ein. Welche Krankheiten behandeln Osteopathen? Krebs, Multiple Sklerose, Allergien, Depressionen werden genannt. Seine Antwort lautet "behandelbar" – ausdrücklich nicht "heilbar". Teilweise schränkt er ein, das hänge vom Therapeuten ab, wie weit der schon sei. Und der beste Arzt? "Das sind Sie selber". Nicht das übervolle Wartezimmer zeige, wer ein guter Therapeut sei – eher im Gegenteil. "Ich habe dicke Ordner von vielen Patienten, aber die sind nicht dauernd bei mir".