Wolnzach
Hopfenernte jenseits vom Äquator

Max Kollmann bediente heuer schon im Februar das Abreißgerät – auf einer Farm in Neuseeland

01.10.2015 | Stand 02.12.2020, 20:44 Uhr

Foto: DK

Wolnzach (WZ) Gleich zwei Hopfenernten hat Max Kollmann in diesem Jahr mitgemacht – eine auf der Nordhalbkugel, eine auf der Südhalbkugel der Erde: Seine Dienste als Fahrer des Abreißgerätes waren nämlich nicht nur in Wolnzach gefragt, sondern auch bei einem Farmer in Neuseeland.

Wie der 23-Jährige zu dem Job, für den er weit reisen musste, gekommen ist, das ist eine „total verrückte Geschichte“, wie er sagt. Es war im vergangenen Jahr während der Ernte auf dem Hof der Familie Pfab in Wolnzach, bei der Max seit drei Jahren das Abreißgerät fährt. Eines Tages war ein ihm unbekannter Gast zu Besuch, begutachtete interessiert den Bulldog. „Ich habe ihn angesprochen, als er kein Bayerisch verstand, dachte ich mir, das ist vielleicht ein Engländer und habe es auf Englisch versucht“, erinnert sich der junge Mann. Es entwickelte sich rasch ein Gespräch, in dem sich der vermeintliche Engländer als neuseeländischer Hopfenbauer namens Phil Grover entpuppte. Die beiden verstanden sich sofort blendend „und nach 15 Minuten hat er mich gefragt, ob ich zu ihm zur Hopfenernte kommen will“, so Max. Er habe sofort Ja gesagt, man blieb über E-Mail in Kontakt und heuer im Februar – da war in Neuseeland Spätsommer und somit Erntezeit – packte Max Kollmann seine Arbeitsklamotten und machte sich auf die Reise. Dass das zeitlich funktionierte, war reiner Glücksfall: Er war gerade mit seinem Maschinenbaustudium fertig.

Sein Ziel in Neuseeland war Nelson, eine Stadt am nördlichsten Zipfel der Südinsel. „Dort sind im Umkreis von rund 100 Kilometern alle Hopfenpflanzer angesiedelt“, erklärt Max. So auch sein Arbeitgeber, ein Hopfenbauer im Haupterwerb, der mit seiner 35-Hektar-Farm eher zu den kleineren Betrieben dort gehört und in einer Hinsicht eine absolute Ausnahme ist: Er hat als Einziger dort ein Abreißgerät – weshalb er an Max als kompetentem Fahrer auch so interessiert war. Alle anderen Farmer arbeiten nämlich mit einem sogenannten Top-Cutter. Dabei werden die Reben oben mit einem an einem Radlader befestigten Messerbalken abgeschnitten und fallen dann auf einen Anhänger mit Bulldog, der vorne hergeschoben wird. Das funktioniert, weil die Hopfengärten mit rund vier Metern deutlich niedriger sind als in Deutschland.

Das besagte Abreißgerät, das Max bediente, ist übrigens „made in Germany“, nämlich ein zehn Jahre altes Gerät der Firma Wolf. Allerdings zog er damit nicht den hierzulande üblichen Ladewagen, sondern deutlich kleinere, hohe Anhänger. Als Fahrer des Abreißgerätes pendelte Max auch nicht zwischen Farm und Hopfengarten hin und her. Die vollen Anhänger wurden stattdessen von extra Traktoren abgeholt und dann leer wieder zurückgebracht.

„Ich könnte ein Buch schreiben“, meint Max Kollmann rückblickend, so viel hat er erlebt. Gerade, was den Hopfenbau betrifft, fand er vieles faszinierend: Zum Beispiel, dass Phil Grover alle seine Hopfenfechser selbst zieht. Oder dass Schafe zum Entlauben in die Hopfengärten geschickt werden – „die haben dafür genau die richtige Größe“. Erstaunlich sei auch, dass die Farmer in Neuseeland keine Pflanzenschutzmittel spritzen müssen, da der Hopfen von Schädlingen und Krankheiten verschont ist. Vieles ist beim Arbeitsablauf laut Kollmann so, wie man es aus Deutschland kennt. Allerdings mit einem Unterschied: „Es ist ein bisschen relaxter“, findet der 23-Jährige. Der Arbeitstag ist kürzer, geht nicht von morgens um sechs bis abends um 20 Uhr, sondern von sieben Uhr bis 18 Uhr, dazwischen gibt es sogar drei Pausen. Das sei zwar insgesamt deutlich entspannter, so Max, „aber es fehlt auch ein bisschen an Zug“, meint er. Dass man sich mittags an den gedeckten Tisch setzt und auch sonst rundum verpflegt wird, wie es in der Hallertau üblich ist, das gab es aber in Nelson nicht: „Als Erntehelfer mussten wir uns komplett selbst versorgen.“

Anders ist auch das Klima: Rund 30 bis 35 Grad hatte es durchgehend während der fünf Wochen. Der einzige Regentag war laut Kollmann für die Einheimischen eine echte Sensation: „Es war das erste Mal seit 20 Jahren, dass es zur Erntezeit regnete.“ Insgesamt 20 Helfer waren auf „seiner“ Farm beschäftigt, zehn davon allein an der Pflückmaschine, einem uralten Modell aus den 1950er Jahren. „Die läuft zwar noch, aber die Qualität ist nicht mehr die Beste“, so Max Kollmann. Die Maschine hat allerdings bald ausgedient, ab 2017 wird auf Phils Farm eine neue Wolf-Pflückmaschine stehen. Neben Max waren noch ein Deutscher, je ein argentinischer und ein amerikanischer Rucksackreisender mit von der Partie, der Rest waren Neuseeländer. Untergebracht waren die Helfer teils in Hostels, teils in einem kleinen Haus für Mitarbeiter direkt auf der Farm. Darin teilte sich Max ein Zimmer mit dem Amerikaner, einem Braumeister. „Wir haben stundenlang über Hopfen, Bier und das Brauen geredet“, erzählt er. Dabei hat er Blut geleckt. „Bierbrauen im kleinen Rahmen möchte ich auch gerne mal probieren“, sagt er. Von der Hopfenernte aber hat er, zumindest für heuer, genug: „Zweimal Zupfen im Jahr langt.“ Jetzt war Max nämlich noch einmal bei Rudi Pfab in Wolnzach im Einsatz, allerdings nur eine Woche lang ist er dort Abreißgerät gefahren. „Mehr war zeitlich einfach nicht drin.“ Denn inzwischen arbeitet der 23-Jährige als Maschinenbauingenieur in Geisenfeld.

Seinen Ernteeinsatz in Neuseeland bereut er keine Minute. „Ich würde das sofort wieder machen“, so sein Fazit. Auch die Familie Pfab freut sich mit ihrem inzwischen weit gereisten Hopfenzupfer – und auf seinen ausgiebigen Reisebericht. Der wird demnächst nachgeholt, „denn unter der Hopfenernte war dazu einfach zu wenig Zeit “, so Ingrid Pfab.