Landkreis Roth
Hohe Qualität, bedrohte Vielfalt: Vier Betriebsschließungen allein im Vorjahr sorgen die Bäckerinnung

26.02.2022 | Stand 22.09.2023, 23:57 Uhr
Bei der Brot- und Semmelprüfung am Werk: Prüfer Manfred Stiefel mit den Helfern und Bäckermeistern Martin Neumeister aus Burgbernheim und Hans-Jürgen Metzler aus Treuchtlingen (sitzend, von links). Stehend, von links: Einkaufszentrums-Leiter Michael Schüller, Schwabachs Oberbürgermeister Peter Reiß, stellvertretender Innungsobermeister Gerd Distler und Innungsobermeister Gerhard Paul, −Foto: Schmitt

Roth/Schwabach - Seit nunmehr 16 Jahren kommt Manfred Stiefel nach Schwabach. In der Regel besucht der Experte des Instituts für die Qualitätssicherung der Deutschen Bäcker-Akademie die Stadt stets im Frühjahr zur Brot- und Semmelprüfung. Auch diesmal war äußerst zufrieden mit den Leistungen seiner Kolleginnen und Kollegen aus dem Gebiet Mittelfranken-Süd.

54 Brot- und 41 Semmelsorten aus sechs Betrieben hat Stiefel am vergangenen Donnerstag getestet. Das Ergebnis kann jeder Verbraucher unter der Internet-Adresse www.brotinstitut.de abrufen. Im November reist reist Stiefel dann nochmals an, um die Weihnachtsstollen der Bäckereien in Schwabach und den Landkreisen Roth und Weißenburg-Gunzenhausen einem Test zu unterziehen.

Nach einer zweijährigen pandemiebedingten Zwangpause konnte die Brot- und Semmel-Prüfung wieder im Schwabacher Oro-Einkaufscenter stattfinden. Dorthin war sie auf Anregung des stellvertretenden Innungsobermeisters Gerd Distler 2018 umgezogen. Distlers Meinung nach bildet das Zentrum mit seiner hohen Besucherfrequenz den richtigen Rahmen für die Prüfung. "Denn wir müssen mit unseren Produkten noch mehr in die Öffentlichkeit treten."

60 Prozent der Verbraucher kaufen ihr Brot heutzutage nicht beim heimischen Handwerksbäcker, sondern im Lebensmitteleinzelhandel, rechnete Distler vor und forderte die Kundinnen und Kunden auf, das heimische Lebensmittelhandwerk wieder stärker zu berücksichtigen. Immerhin arbeiten in Deutschlands Bäckereien 280000 Beschäftigte. Sie sorgen nicht nur für eine wohnortnahe Versorgung, sondern stellen auch den großen Umfang des Angebots sicher. "Denn deutsches Brot ist ein weltweit geschätztes Kulturgut, dessen Vielfalt ausschließlich übers Handwerk erhalten wird", erklärte Schwabachs Oberbürgermeister Peter Reiß. Gerd Distler fasste es so zusammen: "Deutschland ist Brot-Weltmeister."

Bäckermeister Gerhard Paul wartete mit weiteren Zahlen auf. "Heute kann der Verbraucher bundesweit zwischen rund 3000 Brot- und etwa 120 Kleingebäcksorten wählen", erklärte der Innungsobermeister aus Büchenbach. "Und diese Prüfung hier zeigt jährlich: Wir sind auf einem hohen Niveau angesiedelt", sagte Paul, der ebenfalls ein Umdenken beim Verbraucher anregte. "Die Deutschen geben am wenigsten für ihr Essen aus."

Die große Backwaren-Vielfalt ist inzwischen aber auch in unserer Region zunehmend bedroht. Erst im vergangenen Jahr hat je eine Bäckerei in Roth, Thalmässing, Schwabach und Weißenburg für immer geschlossen. "Wirtschaftliche Gründe haben dabei aber nie eine Rolle gespielt", sagte Sebastian Dörr, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Mittelfranken-Süd, in Schwabach. Meist sei es so, dass es keinen Nachfolger gebe, fügte Dörr hinzu. Deutschlandweit sei trotzdem kaum eine Verringerung der Verkaufsstellen zu erkennen. "Denn es ist häufig so, dass ein Filialist die Lücke füllt", so Dörr.


Robert Schmitt